Teil II des Interviews mit Nico Kempf

Chancen für und durch Inklusionsteams

Welche Chancen liegen – aus Spielersicht – in Inklusionsmannschaften?

Letztendlich bieten die Inklusionsteams den Spielern ohne Handicap große Chancen, weil sie soziale Kompetenzen gewinnen können. Sie lernen mit den Stärken und Schwächen des anderen umzugehen. Natürlich können sie dort auch Fußball spielen. Manchmal ist es so, dass Kinder ohne Handicap lieber in Inklusionsteams aktiv sind, weil sie dort regelmäßig zum Einsatz kommen. In herkömmlichen Teams wären sie vielleicht sogenannte Bankdrücker, wenn sie nicht so gut spielen. Es gibt aber auch das Motiv, dass Kinder ohne Handicap einfach ohne Leistungsdruck spielen möchten. Darüber hinaus gibt es Spieler, die gerne in Inklusionsteams kicken möchten, weil sie dort eine Führungsposition übernehmen können und so Verantwortungsbewusstsein erlernen. Für die Kinder mit Handicap sind Inklusionsmannschaften eine tolle Möglichkeit, Fußball zu spielen, ihrem Hobby nachzugehen. Sie nehmen zusätzlich sehr viel für ihr Alltagsleben mit. Die Vermittlung von Werten, wie Teamgeist oder Disziplin, spielt hierbei eine große Rolle. Ein Kind mit Down-Syndrom ist manchmal vielleicht sehr schnell eingeschnappt, weil es ggf. sehr feinfühlig ist. Aber es lernt durch den Fußball auch mit Misserfolgen umzugehen. Durch Inklusionsmannschaften können vielfältige Chancen für beide Seiten generiert werden.

Welche positiven Auswirkungen haben Inklusionsmannschaften auf das Vereinsleben?

Zunächst mal kann sich ein Verein über ein Inklusionsteam von anderen Vereinen differenzieren. Verein X beispielsweise spielt in der Kreisklasse und engagiert sich nicht im sozialen Bereich. Verein Y spielt auch in der Kreisklasse und engagiert sich im Bereich Behindertenfußball. Verein Y wird sicherlich viele positive Auswirkungen spüren. Die Fußballer mit Handicap werden das Vereinsleben bereichern. Alle Mitglieder werden sich ein Stück weit weiterentwickeln können durch neue Begegnungsmöglichkeiten, die ihren Horizont erweitern. Es ist die Vielfalt des Vereins. Zudem besteht die Chance, neue Mitglieder zu akquirieren. Vielleicht gewinnt er auch indirekt neue Mitglieder. Oft ist es bei Inklusionsteams der Fall, dass sich die Eltern der Kinder mit Behinderung aktiv im Verein engagieren, weil sie sehr dankbar sind, dass ihr Kind dort seinem Hobby nachgehen kann. Auch die Gewinnung von Sponsoren aufgrund des Engagements im Bereich Handicap-Fußball für den Gesamtverein ist keine Seltenheit. Die Chancen sind also immens. Man kann sie aktiv nutzen als Verein. Da spricht nichts dagegen, wenn es eine Win-Win-Situation für beide Parteien darstellt. Das Wohl und der Wille der Spieler sollte aber immer im Vordergrund stehen.

Wie schnell gewöhnen sich Menschen mit und ohne Handicap an ein Zusammenspiel?

Am Anfang gibt es manchmal Unsicherheiten. Sobald aber nach den ersten Trainingseinheiten ein paar Reibereien entstehen, dann ist es nicht mehr wie ein „mit Samthandschuhen anfassen“. Dann ist es wirklich Fußball. Es gelingt wirklich schneller, als man denkt. Das ist eigentlich das Wichtigste: Diese Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, es auszuprobieren. Man macht sich als Erwachsener, als Außenstehender, meist mehr Gedanken als die Kinder und Jugendlichen selbst. Diese haben oft gar keine Berührungsängste. Deshalb ist es umso wichtiger, möglichst früh mit diesen Spielformen anzufangen. Denn ein Kind hat noch überhaupt keine Vorurteile, da ist alles ganz „normal“ in dem Sinne.

 

Auf‘m Platz: Eigene Erfahrungen mit Handicap-Fußball

Welche Arten von Handicap-Fußball haben Sie schon selbst ausprobiert?

Ich habe alle verschiedenen Formen mitgemacht, weil ich es wichtig finde, dass man das einfach auch selbst mal gespielt hat und in die andere Perspektive eingetaucht ist. Kürzlich habe ich Gehörlosenfußball ausprobiert. Es war insbesondere in Anbetracht der einzigartigen Kommunikation ein sehr interessantes Erlebnis. Man arbeitet mit Händen und Füßen und bemerkt sofort diese verbindende Sprache, diese Fußballsprache. Für mich war es eine spannende Erfahrung. Facetten, die ich bisher noch nicht spielen konnte, sind die die Formen des Rollstuhlfußballs, wie Wheel-Soccer oder E-Rolli-Fußball.

Wie ging es Ihnen, als Sie mit beim Blindenfußball mit Augenbinde gespielt haben?

Das war schon eine riesen Umstellung. Wenn man das selbst ausprobiert, merkt man, welch starke Leistung die Spieler bringen und welchen Respekt sie verdienen. Nach einer gewissen Zeit erkennt man kleine Fortschritte. Aber es ist natürlich schon schwierig. Vor allem, wenn man in die Zweikämpfe geht, dann kommt die Angst dazu. Man muss sich das erstmal trauen und den Mut haben, da einfach loszustürmen, wenn vor einem ein Abwehrspieler steht und quasi auf der Suche nach dem Ball auf dich eindrischt und dir auch mal gegen das Schienbein tritt. Man muss schon robust sein und das ganze aushalten können. Da kracht man schon mal gegen die Banden. Es ist ein äußerst körperbetontes Spiel.

Worin liegt der Unterschied zwischen Blindenfußball und Sehbehindertenfußball?

Zunächst mal muss ich dazu sagen, dass Sehbehindertenfußball noch ziemlich unpopulär in Deutschland ist. Beim Blindenfußball werden die Augen der Spieler komplett abgedunkelt, auch, wenn sie einen sehr geringen Sehrest haben. Sie spielen mit einem Ball, der rasselt und orientieren sich so anhand ihres Gehörsinns. Beim Sehbehindertenfußball hingegen werden die Augen nicht verbunden. Der Ball rasselt nicht und ist einfach farbig – so, wie man sich einen Ball vorstellt, mit dem im Winter im Schnee gespielt wird. Im Blindenfußball gibt es eine Bundesliga. Gespielt wird hier 2 x 25 Minuten auf einem Feld mit Banden. Es gibt 4+1 Spieler und der Torwart ist sehend. Er hat nur einen kleinen Strafraum, in welchem er bleiben muss. Der Torhüter ist sehr, sehr wichtig, weil er die Abwehr dirigiert. Zudem gibt es sogenannte Guides. Das beginnt beim Torwart. Zusätzlich hat jedes Team noch einen Guide, der das Geschehen im Mittelfeld dirigiert und vor dem gegnerischen Tor gibt es einen Guide, der letztendlich den Offensivspielern hilft, indem er ihnen zuruft.

In Brasilien beispielsweise spielen sehr viele Amputierte Fußball. Gibt es in Deutschland die Möglichkeit für Amputierte, mit ihresgleichen zu spielen?

Ja, die gibt es. Aktuell gibt es in Deutschland vier Trainingsstandorte sowie eine deutsche Auswahlmannschaft, welche unser Land bei internationalen Turnieren vertritt.

Welche Erfahrungen haben Sie – vor allem mit der Kraft – im Amputiertenfußball gemacht?

Die physische Belastung ist sehr hoch. Die Anstrengung für den Oberkörper, insbesondere für die Oberarme, ist enorm. Aber auch für das eine Bein, mit welchem man spielen und sich immer vom Boden wegdrücken muss. Physisch ist die Sportart wirklich äußerst anspruchsvoll.

Wenn ein Verein Interesse hat, ein Handicap-Fußball-Team zu gründen: Wie soll er am besten vorgehen, an wen soll er sich wenden?

Am besten ist es, wenn sich die Klubs als Erstes an die Inklusionsbeauftragten der Landesverbände wenden. Diese dienen als Ansprechpartner, können vernetzen und praxisnahe Tipps zum Aufbau einer Handicap-Mannschaft geben. Zudem können die Vereine auch bei Teams aus ihrer Region vorbeischauen, um sich direkt vom Handicap-Fußball begeistern zu lassen. Eine Liste dieser Teams findet man in der Handicap-Börse auf dfb.de.

Waren es eher einzelne Spielerinnen und Spieler, die sich bei Ihnen gemeldet haben, oder die Vereine?

Das war ganz unterschiedlich. Wenn Vereine auf mich zugekommen sind, dann war es meistens so, dass schon Berührungspunkte vorhanden waren. Das heißt, dass beispielsweise ein Vater eines Kindes mit Behinderung schon in einem Verein war, und dessen Kind Fußball spielen wollte. Dann wollte der Vater, dass das Kind in seinem Club spielt und hat mich deshalb kontaktiert. Manchmal war es auch so, dass wir für Spieler/-innen bei den Vereinen angerufen haben, weil es doch anders auf unerfahrene Vereine wirkt, wenn der Verband anruft.

 

Trainerfortbildung zu Handicap-Fußball

Könnten Sie bitte einen kleinen Ausblick bzgl. der kommenden Monate geben?

Im Juni (vom 20.-22.6.; Anm. von Lisa Schatz) findet in der Sportschule Oberhaching eine Fortbildung für Trainer im Handicap-Fußball statt. Das ist schon eine kleine Besonderheit und zugleich ein riesen Schritt. Die Fortbildung ist für alle Trainer im BFV als Lizenzverlängerung anrechenbar. Weiteres dazu erfahren sie bei meiner Nachfolgerin, Kristina Höhn, deren Kontaktdaten auf der Internetseite des Bayerischen Fußball-Verbandes zu finden sind. Außerdem findet am 26. Mai ein Inklusionsturnier in der Allianz-Arena statt, was eine Leuchtturmveranstaltung für den gesamten Handicap-Fußball in Deutschland darstellt.

Gibt es eine Botschaft, die Sie den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben wollen?

Ich möchte ihnen auf jeden Fall gerne mitgeben, dass sie sich in ihrer Umgebung über Möglichkeiten des Handicap-Fußballs informieren sollten. „Schaut, wo gespielt wird und seht wirklich mal zu. Und dann bin ich mir sicher, dass ganz viele von euch ein Stück weit angefixt werden, begeistert sind und sich engagieren wollen. Da merkt man einfach die ehrliche Freude am Sport und man sieht den Fußball, wie er leibt und lebt. Das sollte wirklich jeder einmal machen.“

Vielen, vielen Dank für das Interview.

Gerne.

Handicap-Fußball: Interview mit Experte Nico Kempf

Nico Kempf
Nico Kempf arbeitete als Inklusionsbeauftragter für den Bayerischen Fußball-Verband. Foto: Boran & Parot UG

Handicap-Fußball. Während seines Studiums der Sportökonomie an der Universität Bayreuth (Masterabschluss) war Nico Kempf zusätzlich als Inklusionsbeauftragter des Bayerischen Fußball-Verbandes tätig. Im Gespräch erzählt er, welche Formen von Handicap-Fußball bestehen und welche Chancen der Sport für Vereine bietet…

Herr Kempf, wie sind Sie zum Handicap-Fußball gekommen?

Während meines Studiums hat in Bayreuth die Deutsche Meisterschaft für intellektuell beeinträchtigte Menschen stattgefunden. Damals hat mich ein Freund gefragt, ob ich dort bei der Organisation mithelfen möchte. Er hat zu dieser Zeit in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet. Wir meinten, dass das eine klasse Sache für mich wäre – auch, um Praxiserfahrungen zu sammeln. Ich konnte das im Rahmen eines Praktikums beim Deutschen Behinderten-Sportverband machen. Damals habe ich sofort gesagt, „ok, das mach ich“ und wurde gleich von den Emotionen gefesselt. Dieser ehrliche Sport, diese Freude – das fand ich toll. So bin ich erstmals zum Behindertenfußball gekommen. 2012 habe ich ein Praktikum (in einem anderen Bereich) beim Bayerischen Fußball-Verband gemacht. Im Nachgang wurde im Rahmen der Inklusionsinitiative der DFB-Stiftung Sepp Herberger eine Stelle des Inklusionsbeauftragten geschaffen, die auf mich einen ganz besonderen Reiz ausübte.

Welche Aufgaben hatten Sie als Inklusionsbeauftragter?

Letztendlich war ich der Ansprechpartner für verschiedene Anspruchsgruppen des Landesverbandes für alle Fragen zum Thema Behindertenfußball, vor allem natürlich für die bayerischen Fußballvereine. Beispielsweise ist es oft so, dass Eltern wissen wollen, wo und ob ihr Kind mitspielen kann. Hierbei tauchten viele Fragen auf. Da galt es die Angst zu nehmen und passgenaue Angebote für die Fußballer mit Handicap zu finden. Zudem hatte ich die Aufgabe, eigene Projekte zu schaffen, um die Beteiligten für die Thematik zu sensibilisieren. Als Best-Practice-Beispiel dient die Durchführung der bayernweiten Informationstage im Handicap-Fußball. Unser Ziel war es, aktiv auf die Vereine zuzugehen bzw. sie an den runden Tisch zu holen, zu begeistern, zu informieren, aufzuklären. Wir haben zudem einen Inklusions-Cup durchgeführt. Die Arbeit war sehr, sehr facettenreich. Auch die Öffentlichkeitsarbeit war wichtig. Das Thema war bzw ist noch sehr jung und deshalb gab es äußerst viele verschiedene Aufgaben.

 Was waren die Highlights in Ihrer Zeit als Handicap-Beauftragter?

Am tollsten fand ich die Turniere, welche ich mitorganisiert habe. Das alles hautnah mitzuerleben. Ich erinnere mich gerne an ein Inklusionsturnier zurück, als ein Kind mit Down-Syndrom ein Tor geschossen hat und in einen riesen Jubel ausgebrochen ist. Es hat seinen Lieblingsspieler beim Jubeln nachgemacht. Da habe ich echt Gänsehaut bekommen. Das sind einfach Erlebnisse, die fesseln. Das ist das allerschönste.

Wie haben sich die Angebote im Behindertenfußball in den vergangenen Jahren entwickelt?

Die Entwicklung war enorm, zum Beispiel bei den Inklusionsteams. Da waren es im Jahr 2012 sechs Mannschaften und jetzt sind es knapp zwanzig. Die Anzahl der Teams nimmt stark zu, auch weil das Thema Inklusion durch Bewegungen in der Gesellschaft großen Rückenwind bekommt – beispielsweise durch die UN-Behindertenrechtskonvention. Zudem erkennen die Vereine vermehrt, welche Chancen dahinterstecken und öffnen zunehmend ihre Strukturen für Menschen mit Handicap. Dennoch gibt es noch sehr viel Luft nach oben. Die Zukunft sieht aber sehr gut aus.

Wo lagen die größten Schwierigkeiten bei Ihrer Arbeit?

Zum einen war es eine stetige Herausforderung, die Vereine dafür zu begeistern, zu sensibilisieren. Wir haben versucht, Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen und die Menschen zu emotionalisieren und mitzunehmen. Ein Trainer braucht beispielsweise auch ein gewisses pädagogisches Geschick, wenn er eine Mannschaft leiten oder führen will. Ich meine aber, letztendlich ist es auch nur Fußball.

 

Zum Verhalten der Eltern und Trainer

Wie reagieren die Eltern, wenn ihre Kinder mit Handicap im Verein spielen wollen?

Vereinzelte Eltern trauen ihrem Kind das Fußballspielen unter dem Dach eines Fußballvereins nicht zu. Diesen Personenkreis galt es zu motivieren und ihnen die Angst zu nehmen, die sich aber häufig auch schnell von alleine auflöste sobald sie sahen, mit welcher Freude und mit welchem Eifer ihr Kind bei der Sache ist. Der Großteil der Eltern ist sehr offen und dankbar, wenn sich die Vereine mit ihren Strukturen für Menschen mit Handicap öffnen. Wenn ich jetzt weiterdenke, ist das auch eine große Chance für die Vereine, weil die Eltern begeistert sind, wenn ihr Kind in einem Club spielen kann. Dann engagieren sie sich meist stark, weil es für sie wirklich „ihr“ Verein ist, der dem Kind geholfen hat. Wir haben ihnen oft gesagt: „Traut das euren Kindern zu, die können das!“. Und wie gesagt – wenn sie ihren Kindern beim Kicken zusehen, ist die Skepsis komplett vergessen und sie freuen sich unheimlich.

War es schwer, die Trainer vom Wettkampfprinzip wegzubringen?

Sie verstehen sehr schnell, dass der Leistungsgedanke da gar nicht so essenziell ist, sondern, dass es wirklich um den Spaß am Sport geht. Das heißt: Die Trainer, die Inklusionsmannschaften betreuen, wissen zum Großteil schon, worum es da geht. Man muss sie ab und an bremsen, ja. Natürlich gibt es auch Trainer, für welche das Siegen auch wichtig ist – das ist es für viele Kinder übrigens auch. Aber bei Turnieren gibt es zumeist einen sogenannten Ethikkodex. Das ist ein Kodex, an dem sich die Trainer orientieren. Darin ist zum Beispiel festgelegt, dass das Miteinander im Vordergrund steht. Das bedeutet: Wenn eine Mannschaft stark dominiert, soll der Trainer die sehr starken Spieler auswechseln. Denn wenn Kinder mit und ohne Handicap zusammen spielen, sind oftmals große Leistungsunterschiede vorhanden. Darauf muss man natürlich eingehen. Das klappt allerdings immer ganz gut. Ich finde es auch besonders schön, weil beide Seiten über den Sport hinaus voneinander lernen können: Durch das Akzeptieren der Stärken und Schwächen ihrer Mitspieler erlangen Kinder mit und ohne Handicap beispielsweise bestimmte Sozialkompetenzen, die auch einen positiven Einfluss auf ihre Persönlichkeitsentwicklung haben.

Wie schnell finden Menschen mit Behinderung in den Sport hinein, wenn Sie jetzt den Blindenfußball als Beispiel nehmen?

Blindenfußball ist eine unheimlich harte Sportart, die eine gewisse Robustheit von den Spielern erfordert. Man muss ganz klar sagen, dass nicht jeder blinde oder sehbehinderte Mensch direkt Blindenfußball spielen kann und will. Es ist nur ein kleinerer Teil, der sich zutraut, diese faszinierende Sportart auszuüben. Das Spiel ist sehr körperbetont, da rumpelt es schon mal auf dem Platz. Dementsprechend muss man viele verschiedene technische, physische und psychische Fertigkeiten mitbringen, um dem rasselnden Ball hinterherjagen zu können. Im Alltag sind viele Menschen auf ihren Blindenstock angewiesen, beim Blindenfußball bewegen sie sich frei auf dem Feld. Das ist natürlich eine riesen Chance und für manche auch ein gewisser Kick. Ich erinnere mich an einen Spieler, der zu mir sagte, dass der Sport genau das richtige für ihn sei, weil er dabei diese Freiheit auf dem Platz spüren könne.

Woran können Nichtbehinderte teilnehmen, wenn sie mit Menschen mit Handicap zusammen Fußball spielen wollen?

An allen Facetten des Handicap-Fußballs können grundsätzlich auch Nichtbehinderte teilnehmen, dies ist sogar ausdrücklich gewünscht. Durch verschiedene Anpassungsmöglichkeiten kann fast jede Handicap-Fußballform inklusiv gestaltet werden. Auch der Blindenfußball ist übrigens ein Vorbild in Sachen Inklusion. Neben dem sehenden Torwart sind auch die sehenden Guides am Spielfeldrand wesentliche Säulen der Mannschaft.

Wenn ein Kind mit Behinderung mit Nichtbehinderten Fußball spielen möchte, jedoch Defizite in der Schnelligkeit etc. aufweist, wie kann ein Verein dann eine „gerechte Teilnahmemöglichkeit“ für das Kind schaffen?

Ein Schlüssel liegt in der Steuerung des Trainings. Der Trainer ist dafür verantwortlich, dass jeder Spieler unabhängig seiner Fähigkeiten gefordert, aber nicht überfordert wird. Hierfür kann sich der Trainer diverse methodische Stellschrauben zu Nutze machen. Darüber hinaus gibt es auch die Option, dass man von der Rückstellungsmöglichkeit der Landesverbände Gebrauch macht, wenn das Kind am herkömmlichen Spielbetrieb teilnehmen will und sich aufgrund seiner Behinderung in einer jüngeren Altersklasse besser aufgehoben fühlt. Man muss hierbei jedoch auch ganz klar betonen, dass ein Kind nicht automatisch schlechter spielt, weil es eine Behinderung hat – ganz im Gegenteil – auch im Behindertenfußball gibt es Leistungssport. Es gibt viele Sportler, die beispielsweise intellektuell beeinträchtigt und zugleich sehr gute Fußballer sind. Das sieht man insbesondere, wenn man sich die Auswahlteams der Bundesländer anguckt. Soviel zunächst zur Integration in herkömmliche Teams. Wenn diese nicht möglich ist und die Kinder und Jugendlichen trotzdem innerhalb eines Vereins Fußball spielen wollen, dann wäre die Gründung einer Inklusionsmannschaft die passende Alternative. Von diesen Inklusionsteams, das sind Teams bestehend aus Kindern und Jugendlichen mit und ohne Handicap, existieren in Bayern knapp zwanzig. Sie nehmen zumeist nicht am herkömmlichen Spielbetrieb teil, sondern spielen häufig unter sich Turniere aus. Sie nehmen am BFV-Inklusions-Cup (der nächste findet am 9.7. in Bayreuth statt; Anm. von Lisa Schatz) teil und trainieren häufig einmal pro Woche bzw. alle zwei Wochen. Das ist ganz unterschiedlich. Beim Training steht der Spaß am gemeinsamen Sport treiben im Vordergrund und weniger der Leistungsgedanke. Wer sich dafür interessiert, der kann sich unter der Rubrik handicap-fussball auf dfb.de oder bei den Inklusionsbeauftragten der Landesverbände darüber informieren, welche Vereine diese Form des Fußballs anbieten.

-> COMING SOON… Im zweiten Teil des Interviews (erscheint am 23.5.) erzählt Nico Kempf, welche Erfahrungen er als Nicht-Behinderter beim Handicap-Fußball gemacht hat und welche Chancen Inklusionsteams für die Vereine bieten…

Einwurf: Haarspende bzw. Tue Gutes und schreibe darüber.

Ein sonniges „Hallo“ an euch alle!

Diesmal geht’s nicht um Fußball, sondern um den guten Zweck. Vor einiger Zeit habe ich beschlossen, mal wieder zum Friseur zu gehen, das ganze auf Grund meiner Bachelorarbeit jedoch aufgeschoben. Meine Haare waren schon verdammt lang. Als ich meiner Freundin Nici von meinem Vorhaben erzählt hatte, hat sie mir gesagt, dass man Haare an bedürftige Kinder spenden könne. „Gute Sache“, dachte ich mir und hab mich auf die Suche nach Informationen begeben. Auf der Seite des Vereins Haarfee wurde ich fündig. Die Non-Profit-Organisation stellt Perücken für Kinder her, die ihre Haare auf Grund einer „Chemotherapie, schweren Verbrennungen oder der Krankheit Alopecia Areata“ (Verein Haarfee, 2016) verloren haben.

Die abgeschnittenen Haare sollten laut der Internetseite des Vereins mindestens 25 cm lang sein. Ok. Der Plan stand: Diesmal würde es eine Kurzhaarfrisur geben (so, wie ich sie seit meinem Babyalter nicht mehr hatte…). Wenn schon, dann mal etwas anderes. Aber sicher war ich mir nicht, ob das dann so cool aussieht. Ich konnte mir mich mit kurzen Haaren einfach nicht vorstellen… Aber die einzige Möglichkeit herauszufinden, wie es aussieht, war, es auszuprobieren.

Gestern hab ich meine Bachelorarbeit abgegeben und das bedeutete, dass ich nun mal wirklich Zeit für die Dinge habe, die ich immer wieder aufgeschoben hatte…. Heute war es dann also soweit. Ich ging zum Friseurladen, ließ mich beraten und los ging’s. Erstmal: Ein Querschnitt, zack, über 25 Zentimeter weg. Einfach so, in ein paar wenigen Sekunden. Es war ein gutes Gefühl. Als ich knapp eine Stunde später den Laden verließ, hatte ich ein Kuvert mit den Haaren in der Tasche und ein Lächeln im Gesicht. Als mir der ostwestfälische Wind entgegenblies, genoss ich es, nicht mehr gefühlte 1.000 Haare im Gesicht zu haben und freute mich darüber, jemand anderem durch die Haarspende wohl eine kleine Freude machen zu können…

Vielleicht hat der oder die eine oder andere von euch in letzter Zeit auch mal darüber nachgedacht, zum Friseur zu gehen – gerade jetzt, wo der Sommer vor der Tür steht?! Falls ja, erinnert euch gerne an diese Geschichte – Haare spenden ist echt einfach und ne echt gute Sache. Die einzige Voraussetzung dafür ist – im Falle des Vereins Haarfee, dass die Haare 25 cm lang und weder gebleicht, noch nachgefärbt oder anders geschädigt sein sollten.

Ich hoffe, dass dieser Text ein paar Menschen zum Nachdenken anregt. Und an alle, die nicht spenden können, weil sie zu kurze Haare haben: Gerne von der Möglichkeit Haare spenden zu können weitererzählen, denn ohne meine Freundin hätte ich auch nichts davon gewusst…

Lisa Blue

-> INFO – UPDATE: Der Verein Haarfee hat – laut Internetseite – bis Ende 2016 genug Haare gesammelt und bittet deshalb vorher nur um Geldspenden, um „das gespendete Haar verarbeiten und damit weiteren Kindern helfen zu können“ (Verein Haarfee, 2016).

-> An alle, die ihre Haare spenden möchten: Hier findet ihr weitere Informationen zu Haarspendenaktionen. Die Riesweick & Partner Friseur GmbH nimmt Haarspenden an und gibt die Perücken an Menschen weiter, die keine eigenen Haare mehr haben. Zudem zahlt sie – abhängig von der Qualität der Haarspende – eine freiwillige Spende an eine gemeinnützige Organisation, die der Spender(-in) auswählen kann. Die Haare sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllen – wer spenden möchte, der lese somit bitte genauer auf der Website nach.

-> Hier findet ihr alles Wichtige rund um den Verein Haarfee.