Euch allen wünsche ich einen guten Rutsch in ein gesundes sowie farbenfrohes und glückliches Jahr 2022! 😊
Bevor sich der Blog im neuen Jahr mit einem Interview mit Christian Heidel zurückmeldet, möchte euch der Vorstand Strategie, Sport und Kommunikation des 1. FSV Mainz 05 etwas mitteilen:
Christian Heidels Botschaft an alle Fußballfans. Video: Lisa Schatz [unbezahlte Werbung wegen Markenerkennung]
Die erste Auflage von „TEAM BANANENFLANKE meets FRIENDS“ war ein Tag mit vielen tollen Begegnungen. Das Spiel in Schwarzenfeld soll – wie im vergangenen Jahr in Vilzing – ein „voller Erfolg“ (Stefan Plötz) werden. Foto: Team Bananenflanke e.V.
Guter Zweck. Am Samstag, 11. Juni, spielt eine Mannschaft Prominenter um 15 Uhr für das Team Bananenflanke gegen den 1. FC Schwarzenfeld. Das Team um Mario Neunaber, Tobias Schweinsteiger, Tobias Rau, Michael Hofmann & Co. tritt unter der Leitung von Ex-Nationalspieler Hans Dorfner in Schwarzenfeld an. Sämtliche Einnahmen kommen dem Verein Team Bananenflanke e.V. zu Gute.
Wie aus einem „Ich ruf da einfach mal an“ ein Benefizspiel wurde
Die Veranstaltungsreihe „Team Bananenflanke meets friends“ geht in die zweite Runde. Im vergangenen Jahr trat ein Team, bestehend aus zahlreichen Ex-Profis, gegen die DJK Vilzing an. In diesem Jahr findet das Benefizspiel für die BFL-Profis im oberpfälzischen Schwarzenfeld statt. Wie es dazu gekommen ist? Bernhard Heinisch, Spieler des 1. FC Schwarzenfeld, hatte die Idee. Er hat längere Zeit als Co-Trainer der U19 beim SSV Jahn gearbeitet. Dabei hatte er mitbekommen, dass nach seinem Training das Team Bananenflanke den Platz belegte. Da er durch die Medien bereits einiges über den Verein gehört hatte und „sehr beeindruckt von dem Engagement von Ben Rückerl und Stefan Plötz war“, nahm er über seinen guten Freund Tobias Schweinsteiger Kontakt zu den beiden auf. „Ich wollte das Projekt unbedingt unterstützen und dachte, ich ruf da einfach mal an“. Aus seiner Idee, mit seinem Verein ein Benefizspiel auszurichten, wird am kommenden Samstag Wirklichkeit.
Ex-Profi Mario Neunaber stellte in diesem Jahr wieder das Prominententeam zusammen. Foto: Team Bananenflanke e.V.
Nicht nur Bernhard Heinisch, sondern auch Mario Neunaber freut sich sehr auf die Partie und auf die „leuchtenden Kinderaugen“. Er hat die Spieler des Prominententeams kontaktiert, alles koordiniert und schließlich die Mannschaft zusammengestellt. Neunaber bleibt bescheiden und meint: „Das, was ich mache, ist wirklich nur ein geringer Teil im Gegensatz zu dem, was Ben und Stefan alles leisten“. BenRückerl spielt den Pass zurück und betont: „Mario gebührt Respekt und Anerkennung für die Zusammenstellung des diesjährigen Kaders. Er ist einer, der sich nicht gerne ins Rampenlicht stellt. Wir möchten uns dennoch auf diesem Wege nochmal ganz herzlich dafür bei ihm bedanken, dass wir wieder eine supertolle Truppe zusammenbekommen haben“.
„Begegnungen schaffen und Barrieren abbauen“ im Rahmenprogramm
Natürlich hat sich das Organisationsteam auch rund um das Spiel so einiges ausgedacht. Vor dem Spiel wird es die Möglichkeit geben, bei einer Autogrammstunde mit den Profis Wolfgang Hesl (Arminia Bielefeld) und Patrick Erras (1. FC Nürnberg) ins Gespräch zu kommen. Da beide aus der Region stammen, freuen sie sich sicherlich über den Austausch mit Fans aus der Heimat. In der Halbzeitpause wird sich eine Tanzgruppe des 1. FC Schwarzenfeld präsentieren. Nach dem Spiel werden die Spieler des Prominententeams zusammen im VIP-Bereich essen. Dieser wird laut Rückerl jedoch für alle offen sein, weil es „darum geht, Barrieren abzubauen, Begegnungen zu schaffen, die Kinderherzen höher springen zu lassen sowie Normalität zu schaffen“. Des Weiteren betont der Mitorganisator, dass Wert darauf gelegt werde, dass die Fußballfans an diesem Tag Kontakt zu den Profis haben können. Damit sich „alle (Ex-)Profis wie zuhause fühlen, möchten wir sie zurück zu den zu den Wurzeln bringen. Das heißt, dass es Blasmusik und Bratwurstsemmeln (Hochdeutsch: Brötchen; Anm. von Lisa Schatz) geben wird. Alles wird relativ geerdet sein, weil wir denken, dass dieses ,Back to the roots‘ auch toll für die Spieler ist in dem Sinne, dass sie an ihre Anfänge im Fußball erinnert werden“. Darüber hinaus werden alle Fußballbegeisterten die Möglichkeit haben, gemeinsam die EM-Spiele zu gucken. Ein Teil der Spieler wird sich schließlich noch in den Regensburger Club Gatsby aufmachen, um dort den Abend ausklingen zu lassen.
Große Vorfreude im Organisations- und Promiteam
Rückerl selbst blickt mit tierischer Vorfreude „auf das Spiel in Schwarzenfeld, weil ich zum einen viele Leute vom vergangenen Benefizspiel wieder treffe. Zum anderen kommen neue Spieler dazu, die alle eines gemeinsam haben: Sie spielen für die gute Sache und kassieren dabei kein Geld. Die Jungs wollen wirklich den Kindern helfen und dabei eine Message weitergeben“. Stefan Plötz, Vorstand des Vereins Team Bananenflanke e.V., findet es klasse, dass die BFL-Profis den „persönlichen Kontakt zu Fußballprofis herstellen können, die für sie mit ihrem Teamnamen Fußball spielen“. Er fügt hinzu, dass die BFL-Profis an diesem Tag „einlaufen dürfen und daraus viel für ihr Selbstwertgefühl gewinnen werden. Zudem werden sie an dem Tag im Mittelpunkt stehen und können sich in der Gesellschaft anerkannt und angenommen fühlen“.
Tobias Schweinsteiger blickt voller Vorfreude auf das Spiel in Schwarzenfeld. Foto: Team Bananenflanke e.V.
Ex-Profi Tobias Schweinsteiger, Botschafter des Vereins Team Bananenflanke e.V., findet es „überragend, dass den Kindern das Gefühl gegeben wird, etwas Besonderes zu sein und dass sie sich wie kleine Fußballprofis fühlen können. Auch das ganze Drumherum ist top professionell“. Am meisten freut er sich darauf, den „Kids ein Lachen ins Gesicht zaubern zu können und darauf, dass wir mit einem coolen Fußballspiel die Zuschauer unterhalten werden“. Mit den positiven Erinnerungen an die letzten Jahre hebt er hervor, dass er sich bei den Events des Vereins „immer wie Zuhause und familiär aufgehoben fühlt“ und dass es ihm „immer riesig Spaß macht, die Jungs und Mädels zu treffen. Es ist schön, Botschafter eines solchen Vereins zu sein, der sich so toll entwickelt hat“. Als solcher hat er auch noch eine direkte Botschafter an alle Leser*innen dieses Artikels…
„An alle Fußballfans: Kommt nach Schwarzenfeld! Ihr werdet einen unvergesslichen Tag erleben, ihr werdet Freude in den Gesichtern der Zuschauer sehen. Es wird einfach ein toller Tag mit vielen Erlebnissen und für einige wird er unvergesslich!“
Wo Entfernung keine Rolle spielt und der Fußball keine Grenzen kennt
„Begegnungen schaffen“, so lautet eines der Ziele für das Benefizspiel in Schwarzenfeld. Foto: Team Bananenflanke e.V.
Neben Schweinsteiger hat Tobias Rau, ehemaliger Profi beim DSC Arminia Bielefeld, trotz der weiten Strecke von Ostwestfalen nach Schwarzenfeld „spontan zugesagt“. Er habe „jetzt ein Jahr lang an einer Förderschule für körperlich und geistig behinderte Kinder gearbeitet“. Die Arbeit fand er wirklich „schön. Da geht einem das Herz auf – gerade in Verbindung mit Sport, wenn man sieht, wie die Schülerinnen und Schüler aufblühen, obwohl sie große Lasten zu schleppen haben. Deshalb war meine Entscheidung sofort klar. Das Team Bananenflanke kenne ich bisher nur aus Erzählungen. Ich habe viel positives darüber gehört und freue mich deshalb umso mehr, das Team Bananenflanke kennenzulernen, das alles hautnah mitzuerleben, Fußball zu spielen und alte Weggefährten zu treffen“. Michael Hofmann hingegen unterstützt das soziale Projekt schon seit langer Zeit. Er war „von Anfang an mit dabei und fasziniert davon, was da in Regensburg auf die Beine gestellt wurde. Ich hatte während meiner Profikarriere sehr viel Freizeit und fand es sehr wichtig und schön, mich darin auch für dieses wirklich tolle Projekt einzusetzen. Man bekommt so viel zurück und ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Kinder lachen sehe“.
Doch nicht nur Ex-Profis kicken in der Promielf für den guten Zweck. Auch Stefan Dömsödi, Fußballfan, und vielen als „Trommler von Illertissen“ bekannt, setzt sich für die Kinder und Jugendlichen mit Behinderung ein. „Für mich ist das Spiel etwas sehr besonderes, weil ich als kleines Licht bei den Großen mitspielen darf“, sagt er und gibt zu, „schon ein bisschen aufgeregt“ zu sein. Aber natürlich ist er auch „sehr stolz, dass ich beim Benefizspiel mitwirken darf“. Für ihn ist der Einsatz „eine Herzensangelegenheit und absolut wichtig, weil ich das Ganze für eine wirklich gute Sache halte“.
„Dieses Benefizspiel ist keine Selbstverständlichkeit“
Stefan Plötz war von der Einladung des 1. FC Schwarzenfeld begeistert, weil es „nicht selbstverständlich ist, dass ein Verein einfach mal so ein Benefizspiel ausrichtet“. Er selbst „werde ein ganz tolles Gemeinschaftsgefühl mitnehmen – in dem Sinne, wenn ich darauf zurückblicke, wie wir angefangen haben. Die Kinder und Profis werden von Anfang an super miteinander harmonieren. Es ist schon unglaublich, dass jetzt Profis für unsere Sache spielen“. Er ist sich sicher: „Wer den Fußball liebt, der kommt am Samstag nach Schwarzenfeld“. Wer noch darüber nachdenkt, sich das Spiel anzusehen, dem gibt er folgende Worte mit auf dem Weg:
„Kommt alle nach Schwarzenfeld, feiert mit uns ein Fußballspiel der besonderen Art und lasst uns einfach gemeinsam zeigen, dass der Fußball keine Grenzen kennt!“
-> Wer den Tag live miterleben möchte und nicht weiß, wie er zum Sportpark des 1. FC Schwarzenfeld kommt, der findet hier einen Routenplaner.
Das Integrationsteam des ESV Neuaubing (li.) traf in seinem ersten Pflichtspiel auf Centro Argentino (re.). Foto: Christian Brey
„Mehr leben, mehr genießen, mehr Verantwortung übernehmen. Vielleicht bei der Aktion Sternstunden und darüber regelmäßig mit Kindern Fußball spielen“, diese Zeilen schrieb der Journalist Olaf Butterbrod am Ende seines zehnwöchigen Afrika- Aufenthaltes im Jahre 2011. Im vergangenen Mai traf er auf Christian Brey, der auf der Suche nach Spielern für den ESV Neuaubing war. Die beiden gründeten das erste Flüchtlingsteam Bayerns, wodurch sich Butterbrod zugleich seinen Traum verwirklichen konnte. Im Herbst ging das deutschlandweit durch die Presse, nachdem sich herausstellte, dass sie „neben Babelsberg die ersten in Deutschland waren, die eine Flüchtlingsmannschaft auf die Beine gestellt haben“, so Brey. Ich wollte von den beiden wissen, wie es zur Gründung der Mannschaft gekommen ist, welche Hürden sie anfangs zu überwinden hatten, wie sich das ganze entwickelt hat und vor allem auch, wie es weitergeht. Außerdem hat mich interessiert, welche Eindrücke Ismat Maidin und Till Eichstaedt, beide Spieler, in dieser Mannschaft gesammelt haben.
DER BEGINN DER ERFOLGSGESCHICHTE
Wie ging es weiter, nachdem ihr euch kennen gelernt habt?
ChristianBrey: Vergangenen Mai haben wir ein Training auf den Neuaubinger Plätzen vereinbart. Danach war uns sofort klar: ‚Das funktioniert, das probieren wir auf jeden Fall – eine Mannschaft muss gehen!‘. Mit rund zwanzig Spielern haben wir schließlich das Team gegründet. Dann ging’s los. Wir haben ein wöchentliches Training angesetzt und uns zunächst stundenlang hingesetzt und die Anträge für den Bayerischen Fußball-Verband ausgefüllt. Am 30. August hatten wir das erste Spiel, am 28. August waren die letzten Pässe da.
Wie genau ist der Medienrummel um eure Mannschaft entstanden?
ChristianBrey: Nach der Anmeldung unseres Teams haben wir ein Pressegespräch organisiert. Somit war am 13. August die Süddeutsche Zeitung da und durch einen Artikel der SZ hat sich dann herausgestellt, dass wir neben Babelsberg die ersten in Deutschland waren, die das gemacht haben. Daraufhin ist das Interesse explodiert und wir waren auf allen Medienkanälen vertreten. Olaf wurde zum Beispiel ins aktuelle Sportstudio eingeladen, Blickpunkt Sport haben wir nach unserem ersten Spiel gegen Pasing besucht. Wir sind super in die Saison gestartet. Von den ersten acht Spielen haben wir sechs gewonnen und zwei Unentschieden gespielt. Also besser ging’s für den Anfang gar nicht. Als die Spieler, die den Verein zwischenzeitlich verlassen hatten, von der guten Organisation erfahren haben, sind sie zurückgekommen.
Inwiefern hat sich der ESV vor der Gründung der Flüchtlingsmannschaft mit den Themen Integration und Toleranz beschäftigt?
ChristianBrey: Der Verein war seit 1936 schon immer ein internationalisierter Verein, dessen Sportler teils sogar an den Olympischen Spielen teilgenommen haben. Die Ringer zum Beispiel sind schon im Alter von 15 Jahren zum Austausch in die Türkei gefahren und haben die Sportler dort zu uns eingeladen. Insofern hatte sich der Club schon länger mit diesen Themen befasst.
WENN FUßBALL ALS GEMEINSAME SPRACHE DIENT
Welche Nationalitäten sind im Integrationsteam vertreten?
Olaf Butterbrod: Die Jungs kommen zum Beispiel aus Afghanistan, Irak, Iran, Syrien und Eritrea.
ChristianBrey: Wir sind eine bunt gemischte Gruppe. Ötzi ist türkischer Abstammung, wurde in Deutschland geboren und spricht das wohl beste Deutsch von uns allen. Er ist ein gebildeter Typus. Dann haben wir Ali dabei, der ein schwarzer türkischer Grieche ist. Er wurde in einem nicht griechisch sprachigen Teil Griechenlands geboren. Außerdem haben wir einen Bosnier in der Mannschaft, der als Busfahrer arbeitet. Lauter coole Leute eigentlich, komplett unterschiedlich. Inzwischen haben wir eine zweite Mannschaft angemeldet, weil wir über fünfzig Spieler haben. Einer der Jungs ist Sozialpädagoge, der hilft uns auch sehr. Auch ein aus Brandenburg stammender gelernter Bauer spielt bei uns. Wir haben also eine unglaublich bunte Mischung an Leuten da. Das passt super. Fußball hält zusammen.
Wie sieht es mit der Verständigung aus? Würdest du sagen, dass die Jungs die deutsche Sprache durch den Sport lernen?
ChristianBrey: Ja. Die Kabinensprache ist Deutsch. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Es ist dann doch so, dass auch viel Farsi, Afghanisch etc. gesprochen wird. Wir sprechen fast nur Deutsch mit ihnen. Allerdings haben wir über die Zeit festgestellt, dass es ohne Deutschkurse nicht geht und deshalb einen Deutschlehrer engagiert. Über Facebook haben wir Lehrer gefunden und auch über eine Schule, an der ich ein Mädchenfußballteam trainiere. Diese geben unseren Jungs jetzt Sprachunterricht. So vernetzen wir das langsam.
BESONDERHEITEN DES INTEGRATIONSTEAMS
Inwieweiterkennstdueinen Unterschied zwischen eurem gemischten Team und einem „typisch deutschen“ Team?
ChristianBrey: Ja, die Jungs, die im Integrationsteam spielen, sind viel dankbarer, freundlicher und motivierter. Ich bin der Meinung, dass ein gemischtes Team sehr viel Potential hat. Wir sind auch in der Fairness-Tabelle ganz vorne.
Worin liegt deiner Ansicht nach – auf die Geflüchteten bezogen – das größte Potenzial in dieser Gruppe?
Olaf Butterbrod: Die Jungs profitieren erstmal in der Hinsicht, dass sie durch das Training ein Grundgerüst für die Woche haben. Zweitens bekommen sie dort die Erfolgserlebnisse, die sie anderswo nicht haben. Bei uns sind sie absolut gleichwertige Mitglieder des Mannschaft und können ihre Erfolge dadurch feiern, dass sie sie selbst sind. Dass nicht auf ihre Herkunft, ihre Hautfarbe oder ihre Religion geschaut wird, sondern darauf, dass sie nette Menschen und gute Fußballer sind.
Was ist das besondere an eurer Mannschaft? Was zeichnet das Team aus?
IsmatMaidin: Es macht einfach sehr viel Spaß, hier zu spielen und wir verstehen uns alle sehr, sehr gut. Im Fußball braucht man keine Sprache, der Fußball selbst ist eine eigene Sprache.
TillEichstaedt: Das ist ein tolles Vorzeigeprojekt für unseren Verein. Es ist total egal, welche Nationalität die Spieler haben. Die, die am besten sind, spielen. Egal, ob Deutsche oder Türken oder was auch immer. Jeder darf mitkicken, unabhängig davon, wie gut oder wie schlecht er ist. In vielen Vereinen spielen nur die guten. In den Vereinen, in denen ich bisher gespielt habe, spielen dann doch eher Deutsche zusammen. Dort ist es nicht so, dass Integration so groß geschrieben wird wie bei uns jetzt. Ansonsten geht es hauptsächlich um den Spaß. Man hilft sich auch gegenseitig, das ist in anderen Clubs nicht unbedingt der Fall. Hilfe meint jetzt wirklich auch essentielles. Ich bin beispielsweise mit einem Iraker wegen seiner Duldung zum Amt gegangen. Oder wir helfen ihnen bei den Formalitäten. Die Amtssprache ist manchmal schon für uns Deutsche schwer verständlich, wie soll das dann jemand verstehen, der noch nicht richtig Deutsch kann? Vor allem Christian Brey und Olaf Butterbrod unterstützen die von Abschiebung bedrohten Spieler mit allem möglichen, das ist wirklich super.
Olaf Butterbrod: Die Leidenschaft, das Brennen für den Fußball. Aber ansonsten sind wir auch ein ganz normales Team. Es gibt Eitelkeiten, es gibt gute und schlechte Spieler. Auf dem Platz ist es egal, was der Sportler erlebt hat. Ich sehe da jetzt keinen Flüchtling vor mir, ich sehe da keinen bedauernswerten Menschen vor mir, ich sehe da kein Opfer vor mir. Ich sehe da einen Menschen. Da behandle ich alle gleich. Wir wollen Normalität, wir wollen sie nicht in eine „Flüchtlings-Schublade“ stecken. Das wissen die Spieler und das schätzen sie auch. Die Trainingsbeteiligung, woran man auch einiges ablesen kann, ist unfassbar. Es stehen oft dreißig Leute auf dem Platz, das ist Wahnsinn.
Was unternehmt ihr außerhalb der Trainingseinheiten und Spiele mit den Geflüchteten?
Olaf Butterbrod: Wir gehen zusammen ins Stadion, wir gucken zusammen Champions League, wir gehen zusammen Burger essen, gehen ins Theater oder ins Kino. Ich nehme sie auch oft mit, wenn ich etwas mit Freunden unternehme, damit auch ein Austausch stattfindet. Vergangene Woche haben wir bei einem großen Verband in Bayern für 120 Leute afghanisch gekocht. Das war wirklich eine tolle Sache. Bei solchen Aktionen können die Geflüchteten den Einheimischen auf Augenhöhe begegnen.
POSITIVE UND NEGATIVE ERLEBNISSE
Was macht dir bei deiner Arbeit den größten Spaß?
Olaf Butterbrod: Zu spüren, was es für die Jungs bedeutet, Fußball zu spielen, sich über den Sport zu identifizieren, auf andere Gedanken zu kommen. Natürlich ist es auch toll zu sehen, wenn über den Sport, über diese Mannschaft, ein Netzwerk entsteht und wir z. B. bei jemandem kochen dürfen. Wenn jemand bei dem Frisör, bei dessen Weihnachtsfeier unsere Spieler afghanisch gekocht haben, ein Praktikum machen kann. Zudem hat ein Spieler mit gelähmter Hand einen Praktikumsplatz als KFZ-Mechaniker bekommen. Das muss man sich mal vorstellen. Wenn Abschiebungen verhindert werden können und wenn ich sehe, wie glücklich die Menschen dann sind, ist das toll. Wenn Freundschaften entstehen und beispielsweise ein Eritreer mit einem Afghanen Arm in Arm geht und ich da eine totale Herzlichkeit erkennen kann, dann freut mich das sehr. Oder auch bei Facebook sehe ich, wie die Jungs miteinander agieren, das ist schon cool. Das Klischee des südländischen Temperaments konnte ich nicht erkennen. Null. Meine Spieler sagen inzwischen, dass sie sich als zu fair empfinden. Ich sage ihnen vor jedem Spiel, dass sie hier auch Botschafter sind. Wenn sie gefoult werden, entschuldigen sie sich inzwischen quasi schon beim Gegner. Aber lieber so, als wenn sozusagen das „Klischee des hitzköpfigen und unfairen Ausländers“ erfüllt wird. Für mich ist es ein Erfolgserlebnis. Es erfüllt, wenn man das Glück und die Zufriedenheit und auch Dankbarkeit spürt.
Was hast du durch deine Arbeit mit dem Integrationsteam gelernt?
Olaf Butterbrod: Ich lerne Demut. Es gibt nichts an Grausamkeiten, was es nicht gibt. Ich weiß nicht, wo ich da anfangen und wo ich aufhören soll. Ein ehemaliger Spieler hat ein Hörgerät, weil er zu nah an einem Bombenanschlag stand. Ein anderer hat seinen Bruder sterben sehen. Er selbst hat einen Bombensplitter in der Brust und kann seine Hand nicht mehr bewegen, weil seine Nerven durch den Bombensplitter durchtrennt wurden. Ein weiterer Spieler kann nicht laut sprechen, ich weiß nicht, was er erlebt hat. Mein Torwart, der Profi werden wollte, hat mir ein Handyfoto von seinem fast abgeschlagenen Arm gezeigt. Er wurde mit einem Schwert angegriffen, auf dem Bild waren seine Knochen zu sehen. Das geht mir schon nahe. Er spielt wirklich gut und vielleicht hätte er das Zeug zum Profispieler gehabt. Vergangene Woche war er zum Bundesliga gucken bei mir und konnte wegen der Verletzung die Pizza nicht schneiden. Das sind Dinge, die demütig machen. Ich bin inzwischen mehr Sozialarbeiter als Fußballtrainer. Das hat sich verlagert. Das mache ich lieber, als „Pseudo-Platzanweiser“ auf dem Fußballplatz zu sein. Das hat zwar bislang niemanden gestört. Es gibt eben Dinge, die sind wichtiger als Fußball. Noch wichtiger für die Jungs ist es, Deutsch zu lernen – auch, wenn einige von ihnen Fußball als das Wichtigste ansehen.
Olaf Butterbrod (rote Jacke) besuchte zusammen mit den Spielern des Neuaubinger Integrationsteams und weiteren Geflüchteten das Spiel des TSV 1860 München gegen Fortuna Düsseldorf. Foto: Christian Brey
ZU DEN FOLGEN DER GENIALEN IDEE
Inwieweit hat sich euer Integrationsteam in den vergangenen Monaten verändert?
Olaf Butterbrod: Unsere Idee hat sich herumgesprochen. Die Stadt München und auch Trägerorganisationen wie die Caritas schicken mir Spieler vorbei. Es werden immer mehr und kaum einer geht freiwillig, weil es allen so gut gefällt. Wir hatten vergangene Woche am Samstag um 11.30 Uhr ein Training für die Flüchtlingsheime drumherum und um 15 Uhr ein Spiel. Am Sonntag hatten wir um 12.30 Uhr nochmal ein Training für die Flüchtlingsheime im Umkreis und um 14 Uhr ein Auswärtsspiel. Dann läuft gerade noch der Schnuppermonat. Das ist jetzt also nur eine Frage der fehlenden Man- oder Womenpower. Von mir aus können hier 200 Leute Fußball spielen – wenn wir die entsprechende Anzahl an Trainern und Trainingsmöglichkeiten hätten, gerne.
Wie geht’s jetzt beim ESV Neuaubing weiter?
Olaf Butterbrod: Ich habe mich zum Abteilungsleiter beim ESV wählen lassen unter der Bedingung, dass ein neuer Trainer eingestellt wird und ich sozusagen vom operativen wegkomme. Ich mache jetzt übergangsweise die Aufstellungen für die Spiele, damit der Trainer weiß, wer gut ist. Das muss sich einspielen. Das Training kann ich nicht mehr machen. Ich bin kürzlich am Knie operiert worden, werde im Sommer Vater und arbeite noch hauptberuflich bei einer Bank. Das Flüchtlingsthema hat auch für mich Ausmaße angenommen, mit denen ich vorher nicht gerechnet hatte. Mir ist die Integration über Bildung etc. am wichtigsten. Deshalb setze ich mich nun in dem Bereich mehr ein. Ich habe zum Beispiel einen Schnuppermonat, einen Sportmonat, organisiert. Wir haben derzeit 23 Abteilungen. Die anderen 22 habe ich angeschrieben und wir haben das zusammen auf die Beine gestellt. So können die Geflüchteten, die kein Interesse am Fußball haben, diesen Monat alle Sportarten der anderen Abteilungen ausprobieren.
TIPPS FÜR DIE TRAINER(-INNEN)
Wenn jetzt ein(-e) Trainer(-in) zu dir kommt, die bzw. der auch eine Integrationsmannschaft gründen möchte, welche Ratschläge hast du dann für sie bzw. ihn?
Olaf Butterbrod: Man sollte spätestens im April oder Mai starten. Es ist wichtig, dass man mindestens ein oder zwei Leute hat, die die Passbilder einsammeln und die Pass- sowie die Mitgliedsanträge ausfüllen. Der organisatorische Aufwand ist tierisch, aber er lohnt sich. Ein solches Team ist für jeden Verein, allein schon sportlich eine riesen Chance. Man sollte Kontakt zu den Flüchtlingsunterkünften aufnehmen und Testtrainings veranstalten. Dann wäre mein persönlicher Ratschlag, die schlechteren Spieler nicht auszuschließen, sondern miteinzubeziehen. Bei meinem vorherigen Verein waren auch nicht nur Maradonas und dergleichen unterwegs. Mein Hauptratschlag ist: Machen, offen sein und sich darauf freuen, dass es einen selbst unglaublich bereichert, sportlich und vor allen Dingen menschlich.