Das Fußballbuch – hier das Bild von Johanna Busch auf der Rückseite – ist erneut sehr weit gereist. Foto: Lisa Schatz
Liebe Fußballbegeisterte!
Das Fußballbuch hat wieder eine weite Reise hinter sich: Sage und schreibe mehr als 4.000 km ist es von Santa Monica nach New Jersey gereist! Denn Kelly Conheeney hat sich nach ihrem Eintrag dazu entschieden, es an Nicole Baxter zu schicken. Et voilà, so schnell gelangt man dann von der West- an die Ostküste eines Kontinents.
Wir freuen uns sehr und „schaun mer mal“, wie es weitergeht bzw. -reist… 😉
Sportliche Grüße
Lisa Blue
ENGLISH VERSION:
Dear football enthusiasts!
The football book has come a long way again: it travelled more than 4,000 km from Santa Monica to New Jersey! Kelly Conheeney decided to send it to Nicole Baxter after her entry. Et voilà, that’s how fast you get from the west to the east coast of a continent.
We are very happy and let’s see where it will travel to next… 😉
Stiftungsgründer Uwe Seeler. Foto: Werner Treimetten
Guter Zweck. Uwe Seeler galt als einer der besten Mittelstürmer der Welt. Der gebürtige Hamburger war schon damals nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz sehr engagiert. Ihm war es wichtig, „denen zu helfen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen“ sind. Er legte vor allem Wert darauf, Kinder und Menschen mit Behinderung, „die in unserer Leistungsgesellschaft einen besonders schweren Stand haben und oftmals nur wenig Anerkennung und Akzeptanz finden“, zu unterstützen. So gründete er 1996 die Uwe-Seeler-Stiftung.
Zu den Tätigkeitsbereichen der Stiftung
Die Uwe-Seeler-Stiftung unterstützt Menschen in Not in den unterschiedlichsten Bereichen. Sie bietet ihnen u.a. Hilfe zum Lebensunterhalt. Im Jahr 2015 beispielsweise konnte sie mit mehr als 180.000 Euro u.a. finanziell in Not geratenen Familien helfen und Reparaturkosten übernehmen. Darüber hinaus beteiligte sie sich an den Kosten, die für Therapien für Kinder mit infantiler Cerebralparese entstanden sind. Auch wurden in Kooperation mit anderen Stiftungen Operationen schwerstkranker Menschen aus Kriegsgebieten ermöglicht. Daneben förderte die Uwe-Seeler-Stiftung behinderten gerechte Umbaumaßnahmen und spendete 25.000 Euro an mehrere Hospize in Hamburg und auch deutschlandweit. Zudem beteiligte sie sich an der Finanzierung von Spezialrollstühlen und neuen behinderten gerechten Fahrzeugen. Damit die Kinder in besonders bedürftigen Familien ein schönes Weihnachtsfest feiern konnten, erhielten diese mitunter Lebensmittelgutscheine im Wert von insgesamt 2.850 Euro.
Im Gründungsjahr der Stiftung kamen rund 37.000 Euro für den guten Zweck zusammen, seit 2001 bewegt sich die Summe, die jährlich gespendet wurde, kontinuierlich im sechsstelligen Bereich. 2015 wurde bereits mehr als eine halbe Million Euro an Bedürftige ausgeschüttet. Insgesamt hat die Uwe-Seeler-Stiftung seit ihrer Gründung beachtliche 4.243.765,72 Euro an Menschen in Not ausgezahlt.
Das Team der Uwe-Seeler-Stiftung
Der Vorstand der Stiftung setzt sich aus Uwe Seeler, Udo Bandow, Berthold Brinkmann, Gerhard Delling, Sven Lorenz, Frank Rost und Kerstin McGovern zusammen. Als Namensgeber und Gründer ist „Uns Uwe“ der Vorsitzende, Udo Bandow fungiert als sein Stellvertreter. Kerstin McGovern bildet das Herz der Geschäftsstelle: Bei ihr laufen alle Fäden zusammen. Auf Grund der Vielzahl an Anfragen erhält sie meist Unterstützung durch eine weitere Bürokraft. McGovern nimmt die Anträge entgegen, hört den Bedürftigen zu, und ist genauso Ansprechpartnerin für Presseanfragen. So ermöglichte sie mir ein Interview mit Vorstandsmitglied Gerhard Delling…
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Herr Delling sich extra nach dem Länderspiel in Dortmund (22.3.) einen Mietwagen genommen hat und direkt nach Hamburg gefahren ist, um mir am Donnerstagmorgen dieses Interview zu geben. Dies zeigt meines Erachtens, wie stark sich diese Menschen für die Stiftung engagieren.
Gerhard Delling über die Hintergründe der Stiftung
Herr Delling, wie ist die Idee von Herrn Seeler entstanden, eine Stiftung zu gründen?
Wer Uwe Seeler kennt, der weiß, dass er ein sehr empathischer Mensch ist, der wirklich am Leben anderer teilnimmt und das berührt ihn auch. So ist 1996 der Gedanke entstanden: „Was kann man tun, um denen zu helfen, die unschuldig in Not geraten sind?“. Dann kam die beste Idee mit der Stiftung.
Welche Ziele verfolgt die Uwe-Seeler-Stiftung hauptsächlich?
In erster Linie ist sie für Menschen da, die unverschuldet in Not geraten sind. Das ist bewusst so ausgedrückt, weil das Spektrum der Menschen, die Hilfe benötigen, sehr groß ist. Das merkt man an den Anfragen. Gerade in der heutigen Zeit, in welcher viele Menschen an der Armutsgrenze – oder sogar darunter – leben, gibt es unglaublich viele Notsituationen. In diesen Fällen kann man wirklich auch mit kleineren Taten und Zuwendungen sehr viel bewirken.
Wo wird geholfen?
Es gibt natürlich größere Geschichten, wie beispielsweise bei der ersten integrativen Schule in Hamburg. Dort ist die Uwe-Seeler-Stiftung engagiert. Es gibt – was auch unfassbar ist, dass es nötig ist – tatsächlich Essensgutscheine, für Menschen, die wirklich überlegen müssen, ob sie am nächsten Tag etwas zu essen haben. Es sind ganz viele Geschichten, bei denen die Krankenkasse nur bis zu einem gewissen Punkt greift und danach nicht mehr. Wo man vielleicht noch eine Behandlung braucht, die nicht abgedeckt wird. Das geht bis hin zu Heizkostenzuschüssen. Das Spektrum ist unfassbar groß. Es gibt so viele Details, aber das meiste geht in diese Richtung. Immer steht dahinter ein Mensch, der sich wirklich überlegen muss, wie er diese Aufgabe finanziell hinbekommt. Und der wendet sich dann in letzter Verzweiflung an die Uwe-Seeler-Stiftung. Ich glaube, auch wenn ich mich umhöre und umschaue, dass es nicht viele gibt, die sich genau um diese verzweifelten Menschen kümmern.
Woher kommen die meisten Anfragen?
Am häufigsten erhalten wir Anträge aus Hamburg und der Region. Aber auch bundesweit haben wir Fälle.
Wodurch werden die Menschen auf die Stiftung aufmerksam, gerade auch in den verschiedenen „Schichten“?
Das war wirklich ein Prozess über Jahre. Uwe leistet dahingehend grandiose Arbeit. Ich finde es toll, dass er sich so persönlich einsetzt und das wirklich lebt. Er macht das mit so einer Begeisterung, aus voller Überzeugung und mit Herzblut. Das ist er, das ist nicht gespielt. Das hat er alles alleine aufgebaut und unser Anteil ist wirklich entsprechend gering. Man kann sich gar nicht vorstellen, auf wie vielen Veranstaltungen Uwe pro Jahr unterwegs ist und bis heute – obwohl er ja auch nicht jünger wird – derart engagiert ist. Das ist wirklich er. Es sind ganz viele persönliche Kontakte, die er aufgebaut hat, oder eben Menschen, denen es gefällt, wie er so ist. Er ist ja eine Art „Ronaldo von früher“. Man könnte sich gar nicht vorstellen, dass Ronaldo hier durch die Gegend läuft, zu einem Golfturnier fährt und wie Uwe – der im Augenblick nicht mehr spielen kann – den ganzen Tag von Flight zu Flight (Gruppe von Spielern; Anm. von Lisa Schatz) fährt und fragt, ob alles in Ordnung sei. Bei so einem Turnier bringt er Getränke vorbei und ist den ganzen Tag auf Achse, um danach freudestrahlend einen Scheck für den guten Zweck entgegen nehmen zu können.
Ohne die Unterstützung Ehrenamtlicher läuft nichts
Gerhard Delling sprach mit mir über die Hintergründe der Uwe-Seeler-Stiftung. Foto: Lennart Westphal
Wie wird die Uwe-Seeler-Stiftung „gestemmt“?
Wir sind alle, Frau McGovern und eine weitere Arbeitskraft ausgenommen, ehrenamtlich aktiv. Das Ziel ist ja, möglichst geringe Ausgaben zu haben und möglichst viel für den guten Zweck zusammenzubekommen. Die Veranstaltungen werden meist von Menschen organisiert, die Uwe Seeler kennen oder von der Stiftung gehört haben und dann die Einnahmen spenden. Axel Lange aus Berlin beispielsweise, der zusammen mit Uwe bei den Schneeforschern ist, veranstaltet jährlich ein Turnier in Fleesensee. Dabei kamen an einem Wochenende immer Summen im sechsstelligen Bereich heraus. Dort waren Uwe oder ich oder wir beide in den vergangenen Jahren stets anwesend. Menschen wie Axel Lange sind der Stiftung sehr nahe gewachsen, sie haben sie über Jahre hinweg begleitet und massiv unterstützt. Es gibt viele weitere Unterstützer.
Das ist ja klasse, wenn man schon vieles planen kann auf Grund der regelmäßigen Turniere…
Ja, genau. Zum einen ist eine große Verlässlichkeit vorhanden und zum anderen entstehen zahlreiche Freundschaften und es wird viel für den guten Zweck getan. Das finde ich auch wichtig bei der Uwe-Seeler-Stiftung. Die Stiftung ist keine, die mit großen Werbeplakaten oder Werbung nach außen geht und sagt: „Schickt mir mal euer Geld“. Sondern meist war es bisher so, dass wirklich jemand persönlich vor Ort war und erklärt hat, worum es genau geht und welche Ziele man hat, und versucht, die Menschen zu überzeugen, einen Beitrag zu leisten.
Welche Menschen helfen ehrenamtlich mit?
Derjenige, der ein Turnier veranstaltet – wie zum Beispiel Axel Lange (s.u.; Anm. von Lisa Schatz) – stellt das zusammen mit seinen Mitarbeitern auf die Beine und organisiert das nebenbei. Dort wirken ganz viele Helfer und Helfershelfer mit, die sich der Sache verschrieben haben und dahinter stehen und das mitleben. Viele Dinge kann man gar nicht bewerten. Das würde gar nicht funktionieren, wenn nicht jeder seinen kleinen Teil dazu beitragen würde. Das große Ganze ist eben für den Erfolg verantwortlich. Dies ist hier so. Es geht nicht, wenn nicht ganz viele Menschen das auch wollen und sich damit identifizieren und sagen, dass sie das gut finden.
Inwiefern wird mit anderen Organisationen kooperiert?
Wir arbeiten viel mit der Franz-Beckenbauer-Stiftung zusammen. Diese ist schon größer, funktioniert aber ähnlich. Wir tauschen uns aus und wenn es einen Fall gibt, der nicht ganz klar ist, kann man sich noch einmal absichern, ob der jeweils andere schon einen solchen hatte. Da gibt es eine enge Verdrahtung.
Woher die Spenden kommen und wohin sie gehen
Seit Beginn der Uwe-Seeler-Stiftung wurden mehr als vier Millionen Euro Spenden gesammelt. Im Jahr 2015 kamen rund 450.000 Euro zusammen. Haben Sie damit gerechnet, dass die Stiftung eine solche Größenordnung an Spendensummen erreicht?
Am Anfang nicht. Im ersten Jahr waren es rund 38.000 Euro, die ausgeschüttet wurden. Das hat sich stetig weiterentwickelt und verfestigt. Es wird natürlich nicht einfacher, Spenden zu akquirieren, aber dieses Niveau kann man meines Erachtens halten und eventuell können wir noch mehr erreichen. Nicht nur im Fußball werden die Summen immer größer. Zugleich ist es so, dass Geld dort, wo es ist – zumindest gefühlt – immer inflationärer wird. Ich glaube, dass die Entwicklung weitergeht. Aber zu Beginn war wirklich nicht damit zu rechnen.
Woher kommen die meisten Spenden?
Das meiste kommt von den Veranstaltungen. Neben denjenigen, die die Events organisieren und Geld spenden, gibt es dort auch viele andere Menschen, die einen gewissen Betrag spenden oder etwas ersteigern oder einfach nur vorbeikommen kommen und eine Teilnahmegebühr zahlen, welche auch für den guten Zweck ist. In den vergangenen Jahren hat sich zudem der HSV sehr erkenntlich gezeigt. Und natürlich der Deutsche Fußball Bund, der auch immer wieder großzügige Spenden beisteuert. Man muss ein bisschen kreativ sein, wenn es darum geht, an bestimmte Institutionen und Menschen heranzukommen und die Kontakte dann eben auch herstellen. Das ist in erster Linie unsere Aufgabe.
Wie wird entschieden, wer wie viel Geld erhält?
Von dieser Detailarbeit sind wir befreit. Das sind so extrem viele Anträge. Das ganze Jahr hat Kerstin McGovern da unglaublich viel mit zu tun. Das sind so viele kleine Anfragen – und das ist meines Erachtens auch das Besondere an dieser Stiftung: Es gibt hier und da auch immer wieder größere Projekte. Aber hier geht’s meist wirklich um Kleinstsummen. Diese sind so elementar wichtig für diese Menschen, weil dort, wo sie wirklich gar nicht mehr vorhanden sind, wo sie absolut fehlen, ist die Not dermaßen groß – das ist wohl mit der „Welt, in der wir leben“, gar nicht zu vergleichen. Es ist natürlich eine riesen Aufgabe zu prüfen, dass alles seine Richtigkeit hat und dass das Geld wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird. Allein im vergangenen Jahr wurden über 1.100 verschiedene Anträge bewilligt. Bei 365 Tagen im Jahr kann man sich vorstellen, dass sie alle sehr schnell und genau gecheckt werden mussten.
„Die Anzahl Bedürftiger ist frappierend“
Inwiefern bekommen Sie etwas von den Einzelfällen mit? Gab es bei den Sitzungen zum Beispiel einen Fall, den Sie besprochen haben und der Sie besonders schockiert hat?
In erster Linie fand ich diese Anzahl an Menschen, denen es wirklich schlecht geht, im traurigen Sinne überwältigend. Es ist frappierend: Wir in einem so wahnsinnigen Überfluss. Dass es wirklich so viele Menschen gibt, die Unterstützung in dieser Form nötig haben und brauchen, ist unserem Stand der Entwicklung nicht würdig, wenn man ehrlich ist. Somit empfinde ich den Einsatz der Stiftung als sehr positiv. Natürlich kann man das Leid jeden Tag beklagen, aber das bringt einen nicht weiter. Dennoch gibt es so viele Bedürftige. Das ist für die Gesellschaft eigentlich nicht tragbar, da müsste dringend etwas geändert werden. Und hier wird schon vieles getan.
Wir hatten zum Beispiel vor einigen Jahren den Fall, dass jemand dringend einen Blindenhund brauchte, weil seiner verstorben war. Der Mann war völlig verzweifelt, weil Blindenhunde generell sehr teuer sind. Wenn ein solcher Hund gut ausgebildet ist, bewegen sich die Kosten für ihn schon im fünfstelligen Bereich. Von derartigen Fällen bekommt man schon etwas mit. Als ich gelesen habe, dass wir das finanzieren konnten, fand ich das toll.
Gab es noch andere Fälle neben dem Blindenhund, die Sie erwähnen möchten?
Ich finde es erschreckend, dass jemand eine Krankschreibung hat und eigentlich zum Arzt muss, es aber gewisse Leistungen gibt, die nicht übernommen werden. Und derjenige weiß nicht, wie er dort hinkommt. Die einzige Chance für ihn ist es, sich ein Taxi zu nehmen und wir reden hier über dreißig oder vierzig Euro. Das Volumen ist wohl etwas größer, weil er mehrmals fahren muss. Aber dass so etwas einen Verwaltungsprozess auslöst, ist schon heftig. Viele würden sagen: „Ich fahr dich schnell hin“. Aber das gibt’s: Dass Menschen allein sind, ganz auf sich gestellt, und kein Geld haben. Also, diese Menge an kleinen Zuwendungen, die dabei sind, finde ich extrem.
Zum Alleinstellungsmerkmal der Uwe-Seeler-Stiftung
Was macht die Stiftung besonders, was grenzt sie von anderen Stiftungen ab?
Sie ist schon relativ groß, und trotzdem vom Umfang und von den handelnden Personen her sehr klein. Wir sitzen stets in einer kleinen Runde zusammen, in der sich jeder kennt. Zudem gibt es keinen festangestellten Geschäftsführer oder dergleichen. Die Ausgaben sind sehr gering. Natürlich gibt es ein, zwei Kräfte, die diese ganze Flut an Anfragen bearbeiten. Zudem ist es so, dass – vor allem Frau McGovern – nicht nur die Fälle bearbeitet, sondern auch als eine Art Sorgentelefon dient. Viele Menschen rufen bei ihr an, die nicht nur in finanzieller Hinsicht eine Zuwendung brauchen, sondern zugleich nach Aufmerksamkeit suchen. Das sind Dinge, die dort miterfüllt und abgefedert werden. Aber der administrative Part ist doch sehr bescheiden und klein gehalten, damit dort relativ wenig Geld verpufft.
Haben Sie auch jemanden in der Stiftung, der als psychologischer Ansprechpartner für die Anfragenden dient?
Nein, dafür ist die Stiftung von der personellen Besetzung her zu klein. Das würde neue Kosten auslösen. Aber umso bemerkenswerter ist es, dass Frau McGovern dies alles übernimmt.
Hat sich Frau McGovern selbst komplett in die Materie eingearbeitet oder hat sie auch eine psychologische Ausbildung absolviert? Ich kann mir vorstellen, dass manche Fälle schon echt hart sein können – gerade die psychologische Betreuung, die die Menschen brauchen.
Das stimmt. Ich weiß nicht, ob sie da eine Ausbildung hat. Aber als Persönlichkeit ist sie sehr empathisch. Trotzdem ist es so, dass es nicht mehr händelbar wäre, wenn man das zu seinem eigenen Schicksal machen würde. Sie hat natürlich mittlerweile eine riesen Erfahrung in dem Bereich. Sie engagiert sich hier seit rund zwanzig Jahren. Ich denke, sie bräuchte nicht mal ein Diplom in der Richtung.
Delling über seinen Einsatz für die Stiftung
Gerhard Delling neben der von Brigitte Schmitges umgesetzten Fuß-Skulptur von Uwe Seeler. Foto: Lisa Schatz
Was hat Sie dazu bewogen, sich für diese Stiftung zu engagieren?
Ich kenne Uwe schon lange. Ich muss dazu sagen, dass ich auch in der Bürgerstiftung in Hamburg bin und auch dem Eagles Charity Golf Club sowie der Alexander Otto Sportstiftung angehöre. Wenn es zeitlich möglich ist, ist man meiner Meinung nach dazu verpflichtet, sich Gedanken zu machen und ein bisschen zu engagieren. Als die Anfrage von Uwe kam, musste ich gar nicht lange überlegen, weil ich ihn über die vielen Jahre so gut kennen gelernt habe, dass ich wusste, wie integer das Ganze ist. Ehrlich gesagt war es sogar eher andersherum: Ich dachte, dass es eine große Ehre ist, dass er mich fragt. Er und Udo Bandow, der schon immer mit die treibende Kraft in der Stiftung gewesen ist. Zwei, die ich mit gewissem Stolz mittlerweile als Freunde auch an meiner Seite weiß!
Wie bringen Sie sich genau ein und welche Aufgaben haben Sie?
Mein Anteil ist verschwindend gering. Wir haben natürlich unsere Stiftungsratssitzungen. Dort besprechen wir vor allem, was während des Jahres geschehen ist. Zudem geht es darum, wie das Geld, das reinkommt, am besten verwaltet werden kann, sodass es …. nicht weniger wird, sondern am Ende des Tages eher noch ein paar Zinsen abwirft, die man dann ausschütten kann. Das ist im Augenblick mit eine der schwersten Aufgaben. Daneben gibt es Veranstaltungen, zu denen ich gehe. Bei den meisten allerdings ist Uwe vor Ort. Und eines muss ich betonen: Es ist unfassbar, was er da für ein Programm abreißt. Wenn er irgendwie kann, ist er immer am liebsten selbst dabei. Das sind z. B. Golfturniere, bei denen er dann den Scheck übernimmt.
Welches war Ihr schönstes Erlebnis in der Zusammenarbeit mit Herrn Seeler und den anderen Vorstandsmitgliedern?
Wenn wir uns in regelmäßigen Abständen treffen, ist es immer sehr harmonisch und schön. Es gab so viele tolle Turniere, bei denen wir zusammen vor Ort waren. Anfang dieses Jahres beispielsweise waren wir in Spanien bei der Uwe-Seeler-Trophy, einem Benefiz-Golfturnier in Marbella. Dort haben ehemalige Fußballprofis gegen Journalisten gespielt. Das waren drei wunderbare, lustige, unterhaltsame Tage und zugleich wurde wieder ein großer Scheck über 50.000 Euro an die Stiftung übergeben.
Wie laufen die Sitzungen ab?
Wir besprechen zunächst, was seit unserer letzten Begegnung alles passiert ist. Dann geht es an das Zahlenwerk. Das ist sehr wichtig: „Was ist rausgegangen und was kommt herein?“. Zudem diskutieren wir, welche Veranstaltungen neue Einnahmen bringen könnten und welche eventuell wegfallen. Es geht aber tatsächlich ums Geld: Wo legen wir es an? Wie geht es weiter, Aktienmarkt oder Anleihen? Was ist möglich und was nicht? Früher war es einfacher, weil es da Termingelder gab und wenn eine Stiftung konservativ mit möglichst geringer Aktienquote trotzdem Geld generieren wollte, hat man versucht, ein gutes Geschäft mit der Bank zu machen und gesagt: „Komm, wir machen relativ langfristig Termingelder“. Das war sehr sicher. Diese Form der Finanzierung ist mittlerweile komplett ausgefallen. Da muss man schon kreativ sein. In der Hinsicht ist Herr Gollub von Aramea mit dabei, der wirklich jedes Mal en detail sagt: „Die und die Sachen haben wir gemacht und die anderen aus diesem und jenem Grund nicht und wir sind jetzt bei einem Plus in der Höhe von XY Euro“. Man muss ihm hoch anrechnen, dass wir stets in einem Plus waren. Frau McGovern erzählt im Anschluss von ihrer Arbeit und speziellen Fällen, die schwieriger waren oder ihr besonders ans Herz gegangen sind.
Wie würden Sie die Atmosphäre innerhalb der Stiftung beschreiben?
Es ist ein sehr kleiner, familiärer Kreis und dadurch sehr kameradschaftlich. Wir befinden uns alle immer in regem Austausch. Uwe ist ja am glücklichsten, wenn er am Tisch sitzt, seine Freunde oder Menschen, die positiv und wohlgesonnen sind, um sich herum hat und diese gerne über Gott und die Welt reden mögen. Man sitzt auch mal mit Ex-Fußballprofis und aktuellen Profis auf der Jahresabschlussfeier zusammen, dann wird das Schifferklavier herausgeholt und gesungen…(lacht)
-> Hiermit möchte ich mich auch für die gute Kooperation beim Hamburger SV bedanken, der mir ermöglicht hat, das Interview mit Herrn Delling im Volksparkstadion zu führen.
Wendelin Bohrenkämper arbeitet als ehrenamtlicher Pressebetreuer auf der Alm. Foto: Schatz
Ehrenamt. Ich betrete den Eingangsbereich vor dem Presseraum auf der Alm. Er begrüßt mich mit einem freundlichen „Hallo, Lisa, schön dich zu sehen“ und lächelt. Gute Laune. Trotz einer gerade verlorenen Partie der Arminen. In mehr als zwei Jahren habe ich ihn stets freundlich erlebt: Wendelin Bohrenkämper. Er arbeitet als ehrenamtlicher Pressebetreuer für den DSC Arminia Bielefeld. Seit über fünfzehn Jahren. Ich habe ihn mir als Gesprächspartner ausgesucht, weil er meines Erachtens zu den wichtigsten Menschen für den Verein gehört. Sein professioneller Umgang mit den JournalistInnen trägt zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre im Presseraum bei. Er repräsentiert den Verein und sorgt für ein positives DSC-Image wie kaum ein anderer. Unabhängig vom Bekanntheitsgrad. Denn: Welcher Spieler hat mehr als fünfzehn Jahre für Arminia gespielt? Welcher Vereinsverantwortliche arbeitet schon so lange und mit so viel Herzblut für diesen Verein wie dieser Mann? Anpfiff für ein Interview mit einem Vollblutarminen und „Respekt“ vor seiner Leistung!
Herr Bohrenkämper, wie lange arbeiten Sie inzwischen ehrenamtlich für den DSC Arminia Bielefeld?
Ganz genau kann ich es nicht sagen, aber so fünfzehn Jahre kommen schon ganz gut hin. Das fing damals mitten in der Saison an. Ich bin eigentlich für jemanden eingesprungen, der ausgeschieden ist.
Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit als ehrenamtlicher Pressebetreuer gekommen?
Der ehemalige Mannschaftsbetreuer Udo Gessler hat mich darauf angesprochen. Er war früher der Arbeitskollege meiner Mutter. Als Dankeschön, dass wir dem DSC bei den Weihnachtsfeiern mit den Kindern der Spieler weiterhelfen konnten (dort hat Herr Gessler immer den Weihnachtsmann gespielt und wir hatten ihm einige Jahre ein Kostüm dafür geliehen), hat er mich einmal in den VIP-Raum mitgenommen. Dort hat er mich einfach mal gefragt, ob die Pressebetreuung etwas für mich wäre und ob ich das gerne machen würde. Ich habe mir eine Woche Bedenkzeit erbeten. Man muss das ja mit der Arbeit koordinieren. Ich habe mir das Angebot dann mal durch den Kopf gehen lassen. Wenn man sich überlegt, wie nah man durch diese Tätigkeit am Geschehen dran ist, ist das natürlich super interessant. Die Chance haben nicht viele. Ich habe das schließlich mit meinem Arbeitgeber abgeklärt. Ich bekomme hier kein Geld. Die einzige Bezahlung ist, dass ich auf einem schönen Platz neben der Pressetribüne das Spiel sehen darf und dass ich noch ein bisschen was zu essen erhalte, wenn nach dem Spiel noch etwas da ist. Zu Bundesligazeiten haben wir ja hier noch königlich gespeist, das Catering war da noch für alle drin.
Die Entscheidung für dieses Ehrenamt hieß auch, dass das Stadionleben, wie ich es zuvor kannte, damit enden würde. Ich war ja ein Fan, der seit 1982 auf Block 3 gegangen ist – Stehplatz, ich sag immer die „Sitzbänke hinterm Tor am Zaun“. Da war es dann nix mehr mit zwei Stunden vorm Spiel da sein – drei Stunden vorher da zu sein, gerade als Bayern kam, sich durch die Mengen zu drängeln und dort zu stehen. Nee, da hieß es dann eben lange vorher da zu sein, bevor die Fans ins Stadion kommen, sich aufstellen und mit den Kleinigkeiten beginnen. Aber ich meine – die Alm war immer schon so ein Wohnzimmer für mich – aufgewachsen bin ich in Sichtweite, da steht mein Elternhaus. Früher, als ich noch klein war und das Fenster auf Kippe stand, habe ich hier alle schreien hören, wenn Tore gefallen sind. Irgendwann habe ich rausgefunden, dass Arminia einen Bundesligisten beherbergt und wurde neugierig. Dann hat mich der Vater eines Schulkameraden mal mitgenommen und wie das so ist, erwischte es mich und ich wurde zum Fußballfan. Ich erinnere mich an das erste DSC-Spiel, das ich gesehen habe: Arminia – Kaiserslautern. Da haben wir 2:0 gewonnen. Es war rappelvoll bei schönstem Wetter. Über all die Jahre bin ich anschließend regelmäßig hier gewesen.
Bitte beschreiben Sie Ihre Aufgaben.
Wendelin Bohrenkämper (li.) übergibt dem Fotografen Christian Weische ein Leibchen. Foto: Schatz
Die Hauptaufgabe ist die Leibchenausgabe, das heißt, jede/-r, der/die mir eine Akkreditierung vorzeigt und als Pressevertreter/-in auf einer der Listen steht, bekommt – entsprechend der Farbe – ein Leibchen ausgehändigt. Zu Bundesligazeiten war das mit den Farben etc. noch sehr kompliziert. Aber im Moment ist der Stand der Dinge: Grau sind Fotoleibchen, Braun, Rot und Beige sind Fernsehleibchen (das hängt davon ab, wer Erst- und wer Zweitverwerter ist). Und dann gibt’s noch Weiß für Stadion-TV und z. B. Schwarz für den Hörfunkreporter. Das sind die wichtigsten. Ich trage die Pressevertreter/-innen ein bzw. aus. Es kam nur ganz selten vor, dass jemand ein Leibchen tatsächlich mit nach Hause genommen hat. Da muss ich eben der Pressestelle Bescheid geben und diese kümmert sich anschließend darum. Außerdem kontrolliere ich natürlich die Akkreditierungen, sodass auch nur diejenigen den Presseraum betreten, die dafür zugelassen sind. Ansonsten versuche ich zu helfen, wo ich kann. Und wenn’s nur mal der Fall ist, dass ein Fan seinen Block sucht und bei mir nachfragt.
Haben Sie in Ihrer Zeit als Pressebetreuer Anekdoten erlebt?
Ja, in der Aufstiegssaison 2012/2013 sind ein paar andere Leibchen aufgetaucht. Man guckt sich ja immer jedes Detail eines Leibchens an, wenn man es herausgibt. Da war es dann wirklich so, dass zwei Pressevertreter mit Osnabrückleibchen herumgelaufen sind.
Die Alm: „Das ist mein Zuhause!“
Sie investieren sehr viel Zeit in dieses Ehrenamt. Wie lange sind Sie pro Spieltag in etwa im Stadion?
Bewusst achte ich nicht darauf. Es hängt davon ab, welches Spiel ansteht. Ob das Stadion ausverkauft ist, ob große Gegner kommen und dadurch eher mehr Pressevertreter da sind. An einem „normalen Samstag“ z. B. treffen wir uns um 11:30 Uhr. Vor dem Spiel ist es eigentlich stressiger als danach. Man muss die Journalisten versorgen, damit sie nicht zu lange warten. Geöffnet wird neunzig Minuten vor dem Anpfiff. Nach dem Spiel warte ich, bis alle Leibchen zurückgegeben wurden. Meist sitze ich noch länger im Presseraum und finde es einfach schön, dass ich noch hier sein darf. Wie ich vorher schon meinte: Es ist wie mein eigenes Wohnzimmer. Meine Mutter hatte damals, als ich noch klein war und alleine ins Stadion gegangen bin, keine Angst, dass mir etwas passieren könnte. Weil sie wusste: Ich kenne die Fluchtwege, ich kenne mich hier aus, ich bin hier aufgewachsen. Das ist meine Heimat, ich bin hier nebenan auf zwei Schulen gegangen. So ist es auch mit dem Stadion: Ich habe das alte miterlebt und kenne das neue. Ich hab hier nie Angst gehabt, auch wenn Gästefans böse waren, wenn sie eins drauf gekriegt haben. Ich hab mir immer gedacht: „Was soll mir hier passieren? Das ist mein Zuhause.“.
Sollte Ihre Tätigkeit nicht entlohnt werden? Schließlich verbringen Sie hier sehr viel Zeit und leisten – wie ich nach ca. zwei Jahren Live-Zusammenarbeit im Presseraum empfinde – äußerst wichtige und gute Arbeit.
Nein, mir reicht das vollkommen. Ich würde auch nie Geld dafür haben wollen, ich finde das toll hier, es macht einfach Spaß. Auch, wenn ich hier zusammen mit Dirk Grote einer der letzten bin, die vom alten Stamm da sind. Ich hab da einfach Spaß dran, ich mach das gerne und so soll’s ruhig weitergehen.
Was macht Arminia für Sie so besonders?
Ich kenne eigentlich nur diesen Club. Ich habe gar keine Zeit und Kraft, mich mit anderen Vereinen zu beschäftigen. Ich bin mit Arminia gut ausgefüllt, ich stehe komplett hinter dem DSC. Natürlich freue ich mich – auch eher unsportlich – wenn die „Kleinen“ mal gewinnen. Was Arminia für mich ausmacht, ist wahrscheinlich, dass ich mich wohl auch gerne aufrege. Man geht mit, man regt sich auf, man ist voll dabei. Es ist einem nie egal, was hier passiert. Man freut sich riesig. Ne ganze Woche kann gut laufen, wenn Arminia gewonnen hat. Aber ne ganze Woche kann auch unten durch sein, wenn man böse verloren hat. Mir graust jedes Mal nach einer Niederlage oder einem Unentschieden vor dem nächsten Montag im Büro. Die Kollegen haben alle schon mitbekommen, dass ich ein bisschen auf ihre Sticheleien reagiere. Sie übertreiben dann natürlich ein wenig, was mein Klümbchenverein wieder gemacht habe. Das ist aber alles auf humoristischer Ebene. Ich habe mich noch nie mit jemandem ernsthaft wegen Arminia oder wegen Fußball gezankt.
Würden Sie sagen, dass dieser Leitspruch „stur, hartnäckig, kämpferisch“ auf Arminia zutrifft?
Ich muss schon sagen, dass Arminia immer etwas Kämpferisches gehabt hat, weil es für das Spielerische nie so ganz gereicht hat. Die ganz großen Talente konnte man sich nicht leisten. Wir sind eigentlich alle zu Kämpfern geworden. Und „hartnäckig“? Ich denke mal: Wie lange probieren wir, wieder zurück in die Bundesliga zu kommen und wir sind immer noch da nach so vielen Finanzkrisen?! Arminia hat es immer wieder geschafft, auch nach dem Bundesligaskandal 1971. Wir sind wieder in der zweiten Liga. Das ist ja schon etwas Besonderes. Ja und das Sture passt auch. Es ist zwar nicht sportlich, aber ich liebe diesen Spruch: „Wenn wir schon nicht gewinnen können, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt“. Der hat ja schon ein bisschen was Böses. Aber das Traurige oder Lustige ist: Ich stehe da voll hinter. Insgeheim ist es dieser Trotz, dass man diesen Spruch herauslässt.
Welche waren Ihre prägendsten Erlebnisse beim DSC – als Fan und als Ehrenamtlicher?
Sagen wir’s mal so: Ich habe Bielefeld in der ersten Bundesliga kennen gelernt. Damals war das so, da gab es nur die erste Bundesliga: „Zweite Liga, was ist das? Da gibt es auch noch was? Keine Ahnung!“. Dann kam die Zeit 1984, 1985, und auf einmal: Peng! Man ist in der Relegation und verliert 0:2 gegen Saarbrücken. Im Rückspiel auf der Alm spielten die Jungs 1:1 und auf einmal – eine vollkommen neue Situation: Zweite Bundesliga. Der Verein brach fast auseinander – viele, viele Spieler gingen. Am nächsten Tag nach dem Abstieg: Ich werde es nie vergessen. Ich hatte die Neue Westfälische vor mir auf dem Tisch liegen und da waren zehn Gesichter abgebildet von den Spielern, die den Verein verließen. Es war furchtbar. Da brach etwas auseinander und man wusste ja gar nicht, was mit der zweiten Liga so auf einen zukommt. Ich meine, da waren andere Mannschaften, andere Stadien, was war da noch anders? Ich wusste es nicht, ich hatte mich nie zuvor mit der zweiten Liga beschäftigt. Und ich meine auch, dass ich die erste Saison nach dem Abstieg einige Zeit nicht auf die Alm gegangen bin. Aus Enttäuschung. Was mir auffiel war, dass die Medienberichterstattung viel geringer war als in der ersten Bundesliga. Früher war es nochmal etwas anderes, als samstagnachmittags nur drei Spiele in der Sportschau gezeigt wurden. Heute ist das ja ganz anders. Wir sind sehr medienverwöhnt, da kann man sich ja inzwischen sogar die Regionalligaspiele im Fernsehen anschauen. Das ist auch gut so, aber damals gab’s das eben nicht. Man musste jedes Mal vor der Sportschau bibbern: „Welche drei Spiele zeigen sie?“. Dann wurden am Anfang die drei Spiele eingeblendet und ich rief „Papa, Arminia wird gezeigt, komm schnell!“. Wenn das nicht der Fall war, dann musste man sich das aktuelle Sportstudio am späten Abend angucken, in welchem nur Interviews geführt wurden und kaum Bildmaterial gezeigt wurde. Deshalb hab ich das aktuelle Sportstudio damals auch nie so richtig gemocht. Ich wollte einfach wirklich was von den Spielen sehen.
Als ein Aufstieg den anderen jagte
Ich war damals 14, 15 Jahre alt und echt enttäuscht von der Situation. Als das noch schlimmer wurde, mit der dritten Liga, da hat sich meine Einstellung gewandelt. Ich dachte mir „Jetzt erst Recht!“ und bin mit zwei, drei Freunden zu fast jedem Auswärtsspiel gefahren. Das war quasi alles um die Ecke. Wir sind zusammen mit einem Gladbacher Fan überall hingefahren: Oberliga Westfalen. In dieser Liga, da waren wir wieder wirklich die großen Arminen, vor denen alle gezittert haben. Wenn die Bielefelder kamen, dann war die gesamte Polizeimacht mobilisiert mit Kampfausrüstung, Schlagstöcken und allem. Da gab es Autokontrollen an der Stadtgrenze, Kreuzungen wurden gesperrt. Wenn wir gewonnen haben, sind wir mit der großen Arminiafahne durch die Straßen gelaufen und haben sie über die Autos gezogen. Das war ein Triumph, da konnten wir Stärke zeigen, da war man wieder jemand! Da hat sich wieder alles ganz neu entwickelt: Ein neuer Stolz, eine neue Zuversicht, dass es doch irgendwann mal wieder passieren könnte, dass man aufsteigt. Als es dann Anfang der 90er losging mit Oberliga, Regionalliga, zweite Liga, erste Liga – und das vier Jahre hintereinander – und ein Aufstieg den anderen gejagt hat. Das war eine tolle Zeit, eine riesen Begeisterung (strahlt). Da haben wir auch jedes Mal auf dem Rathausplatz gefeiert – es war ein Triumph, das war klasse! Es war eine große Freude, ein Selbstbewusstsein und wir waren dann endlich wieder mit den ganz Großen zusammen in einer Liga.
Was war Ihr schönstes Erlebnis mit Arminia?
Ich kann das nicht genau festmachen. Natürlich waren die drei Aufstiege hintereinander grandios. Ein Punkt, den man wirklich hervorheben kann und eine Zeit, die ich nie vergessen werde. Es war natürlich sehr schön, als wir mit Norbert Meier in die zweite Liga zurückgekommen sind. Das war auch noch einmal ein ganz besonderer Aufstieg. Über Darmstadt möchte ich jetzt nichts sagen. Ich gebe nur zu, dass ich hier geheult habe. Wie einige andere hier auch. Ich war nach dem Spiel wirklich fertig. Die Darmstädter hatten zwei, drei Sonntagsschüsse. Aber man hat schon im Stadion gemerkt, dass es schon auch eine andere Stimmung war. Das Publikum hat ganz anders mitgemacht: Es war begeistert, auch die Choreographie der Ultras war sensationell. Ich dachte: „Da ist aber mehr drin, das kann’s doch nicht gewesen sein!“. Mit diesem „Jetzt erst Recht“-Gedanken hatte dann die Drittligasaison angefangen, das hat irgendwie auch Kampfkräfte mobilisiert und Arminia hat die Saison als Meister beendet und so sind wir voller Freude wieder zurück in die zweite Liga. Dieser Prozess vom Abstieg, der Relegation über das Jahr in der Dritten Liga bis zum Aufstieg in die zweite Liga – das war ein ganz langes, schönes Erlebnis mit Arminia. Das ist das, was ich herausheben würde. Ich würde gar nicht sagen, dass so ein Meistertitel das Schönste ist. Da gehört immer das ganze Drumherum mit dazu.
Welche Persönlichkeiten haben Arminia Ihres Erachtens am stärksten geprägt?
Wolfgang Kneib war eines meiner größten Idole. Uli Stein hat für mich auch immer Arminia bedeutet. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass Uli Zwetz (Radio-Sportreporter für Radio Bielefeld; Anm. von LS) für mich ein „Götter-Reporter“ ist. Ich meine, er mag in mancher Situation ein wenig übertreiben und laut werden, aber das ist doch das, was Arminia nun wirklich ausmacht: Diese Begeisterung und einfach mal ins Mikrofon zu brüllen, wenn etwas Tolles passiert. Es ist wirklich toll, dass Uli Zwetz inzwischen kommentiert. Früher, als es Radio Bielefeld noch nicht gab, kommentierte jemand vom WDR, der seinen Bericht runtererzählte. Da war keinerlei Emotion dabei. Als ich noch klein war und meine Omi in Lüneburg besuchte, wartete ich auf einen Bericht, in welchem erzählt werden würde, wie Arminia spielte. Und dann kam so eine langweilige Geschichte daher. Und wenn ich jetzt bedenke, wie Uli Zwetz seine Reportagen mit Leben gestaltet – mit Dynamik, mit Action, mit Freude! Dann muss ich sagen: Das ist doch genau das, was ein Armine braucht. Uli Zwetz ist einfach ein ganz besonderer Armine.
Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Leute, die an den Spieltagen im Stadion arbeiten?
Das, was im Stadion abläuft, ist ja ein riesiges Uhrwerk, in welchem viele, viele Zähnchen ineinandergreifen und wenn nur eins von diesen Zahnrädern nicht richtig funktioniert, hat man keine aktuelle Uhrzeit mehr. Dann läuft da etwas nicht. Deswegen: Ob es nun die Spieler sind – klar, ohne Spieler kein Fußball. Aber selbst die Volunteers, die die Kühlschränke auffüllen, die Einlaufkinder betreuen, die HALBVIER (Clubmagazin; Anm. von LS) verteilen und den Presseraum aufräumen, damit der nächste Spieltag kommen kann, sind wichtig. Genauso wie der Volunteer, der die Käsebrötchen (Link: genauere Erklärung der „Käsebrötchengeschichte“ für alle Nicht-Arminen; Anm. von LS) für die Trainer an den richtigen Platz im Presseraum stellt, für den reibungslosen Ablauf sorgt und zum Wohlbefinden der Trainer beisteuert, wenn diese vorher am Platz herumgeschrien haben und wieder etwas zu essen brauchen, um einen anderen Geschmack zu erhalten. Jeder ist wichtig: Ob es der hochbezahlte Spieler auf dem Platz ist oder ein Volunteer. Also jemanden, der am allerwichtigsten ist, gibt es nicht.
Bitte beenden Sie folgenden Satzanfang…
Arminia ist für mich… schon so eine Art Familie.
Das ist ein schönes Schlusswort. Danke für das Interview, Herr Bohrenkämper.