Wir schreiben den 15. Juli 2017. Vor drei Jahren traf die deutsche Männer-Nationalmannschaft auf der Fanmeile in Berlin ein und feierte. Den Weltmeistertitel. Ich hatte das Glück, auf der Fanmeile dabei sein zu dürfen.
BERLIN. 15.7.2014. Nun war ich da. Am Hauptbahnhof. In BERLIN. So schnell ging’s. Vor rund 38 Stunden saß ich noch in meiner Wohnung, den Laptop vor mir und den Fernseher eineinhalb Meter neben mir, der das Feuerwerk zeigte, und einen freudestrahlenden deutschen Nationalspieler (und Fan!) nach dem anderen. Die deutsche Männer-Nationalmannschaft war frischgebackener Weltmeister. Und für mich hieß das: So schnell wie möglich günstige und gute Zugtickets nach Berlin buchen! Denn nun stand fest, wann die Weltmeister dort auf der Fanmeile empfangen werden würden.
Jetzt zurück zum Bahnhof. Schon im Zug saßen überall Fans. Wo ich hinblickte: Deutschlandtrikots, Schals, Fahnen, Flaggen. Ein Fan ließ es sich trotz Gipsfuß, Krücken und der brütenden Hitze draußen (das juckt sehr mit Gips – ich spreche aus Erfahrung…) nicht nehmen, nach Berlin zu reisen. Die Stimmung im Zug war fantastisch. Immer wieder kamen Menschen miteinander ins Gespräch, die sich während der Fahrt kennen lernten und über die Mannschaft um Jogi Löw diskutierten.
Vor dem Hauptbahnhof. Da stand ich nun, mit umgehängter Deutschlandflagge, Freudestrahlen im Gesicht und ausnahmsweise nahezu null Plan, wo ich genau hinmusste. Lediglich die Skizze von der Fanmeile hatte ich mir im Internet angesehen, aber mehr auch nicht. Mein Plan war diesmal, keinen Plan zu haben. Einfach überraschen lassen. Und das ging auf. Es wimmelte nur so von Fans. Wie von einem Magneten angezogen, strömte ich mit der Menschenmenge an der Spree entlang. Ich hatte Gänsehaut vor Freude. Und ganz ohne Plan war mir klar, dass das der richtige Weg war.
Angekommen. Soeben noch durch den Park gelaufen, stand ich jetzt auf der Straße des 17. Juni. FANMEILE. Hier war vielleicht was los – obwohl es noch echt früh war! And now: A moment like magic. Plötzlich blickte ein Mensch nach dem anderen gen Himmel. Wir fotografierten, winkten und jubelten, denn sie war da: Die Fanhansa. Diesen Moment kann man nicht beschreiben, er IST nicht in Worte zu fassen, man kann ihn nur nachvollziehen, wenn man ihn selbst erlebt hat. Ist einfach so.
Eindrücke von der Fanmeile am 15.7.2014. Fotos: Lisa Schatz
Auf der Fanmeile. Die darauf folgenden Stunden bedeuteten friedliche Fußballparty, Gemeinschaft, Zusammenhalt, Fantreffen und neue Freundschaften knüpfen. Ich lernte zwei Mädels kennen. Sie hatten entschlossen, dem juristischen Unialltag für ein paar Stunden zu entfliehen – vom Hörsaal auf die Fußballparty und dann wieder von der Fanmeile back to normal life. Zu einer der beiden hab ich noch bis heute Kontakt. Dank Fußball.
Der komplette Nachmittag war ein schlichtweg unvergessliches Erlebnis. Zusammen mit 999.999 Menschen auf der Fanmeile zu stehen – das war unglaublich! Meine Begeisterung brachte ich damals auch in einem Fernsehinterview zum Ausdruck. Da ich das Ganze mit Diktiergerät aufgezeichnet habe, möchte ich es euch nicht vorenthalten. Ladies and Gentlemen! Es folgt… Die Audiodatei-PREMIERE auf meinem Fußballblog (die Aufzeichnung ist zwar nur fünf Sekunden lang, aber immerhin;-))…
Alles, was ich an diesem Nachmittag erlebt habe, dürfte wirklich mit diesen vier Sätzen zusammengefasst und ausgedrückt sein. Wir haben friedlich gefeiert, die Fans lachten, sangen und tanzten zusammen auf der Straße des 17. Juni. Der wohl passendste Song, der mich bis heute immer wieder an diesen einen, unvergesslichen Tag erinnert, ist der von Andreas Bourani. „Ein Hoch auf uns“ tönte es damals aus den Boxen. WIR alle feierten an diesem Tag wirklich eine MANNSCHAFT, die während des gesamten Turniers als Mannschaft auftgetreten war. Fußball ist einfach mehr als nur ein 1:0. Das deutsche Team stand während der WM 2014 für Fairness, Zusammenhalt und Respekt. So sollte Fußball immer sein.
Gerrit Meinke fungiert seit ca. eineinhalb Jahren als Geschäftsführer der DSC Arminia Bielefeld GmbH & Co. KGaA. Foto: Schatz
DSC Arminia Bielefeld. Gerrit Meinke ist Ex-Fußballprofi. Er hat u.a. für Arminia Bielefeld und den SC Paderborn gespielt. Seit Juni 2013 (seit 2013 ALM KG, seit 2015 KGaA) ist der ehemalige Stürmer als Geschäftsführer des DSC tätig. Nebenberuflich arbeitet Meinke als Assistent von Tom Bartels und flüstert ihm die wichtigsten Daten zum Spielgeschehen ein. Ich wollte von ihm u.a. wissen, welche Aufgaben er in seinen Jobs hat, inwieweit sich der Profi- und der Amateurfußball voneinander entfernen und wie er sich den DSC in fünf oder zehn Jahren wünscht. Herausgekommen ist ein umfangreiches Interview, das über den Tellerrand der zweiten Liga hinausgeht und die eine oder andere Anekdote für euch bereit hält…
Herr Meinke, zunächst eine Frage zu Ihrem Job als Geschäftsführer. Welche Aufgaben haben Sie genau und was gefällt Ihnen daran am besten?
Das schöne ist die Vielfältigkeit, die Abwechslung. Da ich auch Geschäftsführer der Stadiongesellschaft bin, bin ich ja auch eine Art Immobilienmakler: Wir haben hier Büros, die wir gewerblich vermieten. Auf der anderen Seite bin ich als oberster Personalchef immer ein Stück weit Pädagoge. Personalführung ist das interessanteste, aber andererseits auch das schwerste. Für Personalführung wird es keinen Studiengang geben, es gibt aber auch keinen Studiengang Geschäftsführer. Was ich damit sagen will: Der Geschäftsführer kommt ja aus einer gewissen Kernkompetenz, die bei mir eben „Finanzen“ ist. Ich habe diesem Thema, weil ich das bei uns in der Buchhaltung in sehr guten Händen weiß, zunächst weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Das hätte ich mir vorher nie vorstellen können. Ich werde darüber selbstverständlich informiert und spreche natürlich mit meinen Mitarbeitern darüber. Bei mir war es so: Als ich 2015 hier Geschäftsführer der KGaA wurde, habe ich mich insbesondere mit den Themen befasst, die nicht meine Kernkompetenz sind, z. B. die Pressearbeit oder der sportliche Bereich, vor allem die Kaderzusammenstellung und die Suche nach einem neuen Trainer.
Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Der Beruf ist sehr abwechslungsreich, ich habe mit dem Hobby Fußball zu tun und bin natürlich auch Fan. Was genauso interessant ist, ist die Arbeit im Nachwuchsbereich, wo ich eher Gespräche mit jüngeren Menschen führe. Darüber hinaus sieht jeder Tag anders aus. Ich meine, es ist viel durchgetaktet mit Terminen. Das kenne ich aus meinem vorherigen Arbeitsleben nicht so in dieser Art. Das ist aber auch total spannend. Heute Morgen habe ich harte Verhandlungen geführt, jetzt gebe ich ein lockeres Interview, kürzlich habe ich einige Begrüßungsworte an Erstsemester gerichtet… Es ist so mannigfaltig.
Dann bin ich abends wieder auf einer Sponsorenveranstaltung, wo ich viel Smalltalk und Gespräche hinter den Kulissen führe, Eröffnungsworte spreche. Oder ich bin auf einer Sponsorenmesse oder schaue an einem spielfreien Wochenende beim Frauenfußball in der SchücoArena zu. Das macht mir einfach viel Spaß und ich finde es total cool.
Sie selbst sind Ex-Profi. Inwieweit kennt man sich als solcher mit all den Formalitäten aus? Haben Sie sich auch ein bisschen von Samir Arabi einarbeiten lassen, zum Beispiel bei der Trainersuche? Ich denke, dass er da nochmal eine ganz andere Perspektive hat.
Da ist er auch der maßgebliche Mann. Er hat damals das erste Gespräch mit Rüdiger Rehm geführt, ist zu mir gekommen und meinte: „Ich hab ein gutes Gefühl“. Dann sind wir ein zweites Mal zusammen hingefahren. Das ist genauso, wenn es um Spielerverpflichtungen geht. Wenn Samir sagt: „Bei dem Spieler sind wir jetzt schon ein bisschen weiter, das könnte einer für uns sein“, dann schaue ich mir auch mal Videosequenzen an. Das möchte er auch. Natürlich habe ich nicht so viel Wissen wie er in dem Bereich. Aber ich war ja Profi und hab auch einen Nebenjob im Fußballbereich (als Assistent von TV-Kommentator Tom Bartels; Anm. von LS) und kann das ein wenig beurteilen. Ich schaue mir die Spiele an und gebe meine Expertise dazu. Die Meinung von Samir ist entscheidend. Ich sage letztendlich – da ich Geschäftsführer Finanzen bin – ob die Verpflichtung wirtschaftlich möglich ist. Umgekehrt ist es so: Wenn es um irgendwelche Finanzthemen geht, involviere ich ihn genauso. Das klappt ganz gut. Für mich ist der Job als Geschäftsführer hier schöner als vorher, als ich nur Geschäftsführer der Stadiongesellschaft war, da ich nun viel näher dran bin. Jetzt fahre ich morgens auch mal zum Training, spreche mit Spielern und dem Trainer. Das hat natürlich einen gewissen Charme.
„Wettbewerbsfähigkeit ist das höchste Gut im Fußball“
Jetzt möchte ich einen großen Schwenk machen. Inwieweit entfernen sich der Profi- und der Amateurfußball voneinander? Vor allem, wenn Sie sich jetzt die wirtschaftlichen Aspekte anschauen.
Was diese Sache anbelangt, differenziere ich zwischen zwei Themen. Das eine ist die wirtschaftliche Schere und zwar sowohl international als auch national. Und das andere ist das Spiel an sich, was ich ein Stück weit kritisiere. Dass in der ersten Liga besser gespielt wird als in der Kreisliga ist völlig normal. Und dass die Qualität dort besser ist, auch. Aber ich behaupte: Der Fußball, diese Massenfaszination lebt davon, dass das Spiel in der Champions League genau dasselbe ist wie in der Kreisliga. Was ich damit meine: Es fängt damit an, dass in der Champions League mittlerweile sechs Schiedsrichter eingesetzt werden. Die Torrichter kann man vergessen. Nach meiner Wahrnehmung hat noch keiner eine richtige Entscheidung getroffen, wenn es um „Tor“ oder „kein Tor“ ging. Dann diese Geschichten mit dem Videobeweis. Da wird sicherlich demnächst noch ein Challenge kommen mit Spielunterbrechungen. Ich kann verstehen, dass man die Technik einsetzen will, um höchstmögliche Genauigkeit zu haben. Das ist klar. Wir können alle sagen: „Ja, aber der Fußball lebt doch davon, dass am Stammtisch darüber diskutiert wird, ob es Abseits war oder nicht“. Da sage ich: Falsch. Es ist vollkommen richtig, die Technik, die wir haben, einzusetzen. Dafür geht’s um zu viel Geld. Aber wir müssen aufpassen, dass das Spiel in der ersten oder zweiten Liga, in der Champions League, bei den Weltmeisterschaften, nicht ein anderes wird als in der Kreisliga. Denn: Wir haben so viele aktive Spieler, auch bei uns hier im Stadion, die den Fallrückzieher, den Fabian Klos beim nächsten Spiel macht, in der Kreisliga nachmachen wollen. Das ist genau der Punkt. Darin sehe ich echt eine Gefahr. Der Fußball lebt einfach davon, dass das hier dasselbe ist wie in der Kreisliga. Das ist meine Meinung.
Der zweite Punkt ist der wirtschaftliche Faktor. Die Bayerns und Dortmunds dieser Welt proklamieren, dass wir international wettbewerbsfähig bleiben müssen. Klar: Wenn ich mir Real Madrid, Manchester United oder Paris St. German angucke, hätte ich als BVB oder FC Bayern auch irgendwie die Befürchtung, dass sie mir weglaufen. Bisher geht’s ja noch. Die englischen Clubs machen ja gerade alles verkehrt, was man verkehrt machen kann. Aber irgendwann kommen sie vielleicht auch noch auf die Idee, gute Nachwuchsleistungszentren zu bauen. Sie haben grundsätzlich Recht, nur besteht aus meiner Sicht wieder die Gefahr: Wir müssen den schmalen Grat hinbekommen, dass wir sowohl international als auch national wettbewerbsfähig bleiben – und zwar nicht nur Borussia Dortmund und der FC Bayern – sondern idealerweise z. B. auch noch Gladbach und Wolfsburg. Im nationalen Fußball besteht diese finanzielle Lücke zwischen der ersten und zweiten Liga, welche noch einigermaßen in Ordnung ist. Wobei es auch immer schwerer wird: Also, die Relegation 1./2. Liga wird ja grundsätzlich nur von den Erstligisten gewonnen. Sonst wäre der HSV ja schon …. Und – was jedoch zeigt, dass Geld nicht alles ist – die Lücke zwischen der zweiten und dritten Liga ist prozentual noch größer. Nicht absolut, aber prozentual ist sie doch größer. Die Relegation zwischen der zweiten und dritten Liga wird meist von den Drittligisten gewonnen, was wiederum heißt, dass es sportlich nicht divergiert. Was will ich damit sagen? Wenn wir im nächsten Jahr hoffentlich am neuen Fernsehvertrag partizipieren dürfen, kann ich bzw. will ich da nicht zuviel Geld davon verwenden, um es in die Mannschaft zu investieren. Sicherlich einen Teil, aber im Sinne der Nachhaltigkeit und der dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit halte ich es mittelfristig für sinnvoller, es ins Nachwuchsleistungszentrum zu investieren, oder arminia-spezifisch, in die Infrastruktur.
Dort liegen meine Befürchtungen. Der Fußball lebt immer vom Wettbewerb. Eigentlich sollte es bei jedem Spiel so sein, dass es anfangs 0:0 steht und ich nicht weiß, wie es ausgeht. Es wird immer Spiele geben wie bei Real Madrid gegen Bate Borisov. Da wird Real immer zu 95 Prozent siegen. Das ist ok. Aber wenn ich in der Vorrunde der Champions League gefühlt 95 Prozent der Spiele vorhersehen kann, dann macht es keinen Spaß mehr. Das ist die große Gefahr. Da muss man aufpassen. Geld schießt am Ende des Tages Tore – nicht kurzfristig, aber mittel- und langfristig auf jeden Fall. Wettbewerbsfähigkeit ist das höchste Gut im Fußball.
Wenn Sie jetzt nur auf Deutschland blicken: Inwieweit sollten die DFL und der DFB diesbezüglich mit Regularien eingreifen? Wenn wir jetzt z. B. auf die Vertragsverlängerung mit Toni Kroos schauen: Denken Sie, dass es in Hinsicht auf die Gehälter eine Grenze geben sollte?
Ein Salary Cap (Gehaltsobergrenze; Anm. von LS) wäre wünschenswert, ist aber arbeitsrechtlich nicht durchsetzbar. Never. Keine Chance. Das wurde ja wieder von Herrn Holzhäuser aufgeworfen. Die Amerikaner machen es da einfach gut. Aber ok, da habe ich einen Draft (spezielles Auswahlverfahren für Nachwuchsspieler; Anm. von LS), wobei der schlechteste Verein der Vorsaison die besten Picks (pick= Auswahl eines Spielers; Anm. von LS) bekommt. Dann mache ich einen Salary Cap. In Europa ist das leider nicht durchsetzbar. Man kann ja viel verteufeln, was die Amerikaner machen, gerade auch im Sport. Aber das ist Wettbewerbsfähigkeit: Der, der letztes Jahr als Letzter abgeschlossen hat, kann im nächsten Jahr theoretisch Meister werden. Das ist bei uns nicht möglich. Die Ausnahmen sind meines Wissens schon eine Weile her, als Kaiserslautern aufstieg und als Aufsteiger Deutscher Meister wurde. Wenn heute Darmstadt 98 aufsteigt und Deutscher Meister werden würde, ist das utopisch. Das geht nicht.
Arminia und die Amateurvereine
Themenwechsel. Wie gut sind heutzutage die Kontakte zwischen den Profi- und Amateurvereinen? Was tut beispielsweise Arminia Bielefeld dafür, um die Kontakte zu kleinen Vereinen herzustellen und zu halten?
Sehr viel läuft über unsere 22 Partnerstädte, wo wir auch immer ein, zwei Spiele pro Saison spielen. Der Gedanke ist, dass nicht immer die Fans zu Arminia kommen, sondern auch mal Arminia zu den Fans. Ich glaube da machen wir schon relativ viel. Zudem spielen wir in der Saisonvorbereitung die ersten drei, vier Spiele immer gegen niederklassige Vereine. Wir haben sehr viele gute Kontakte zu kleinen Clubs in Bielefeld. Zudem spielen wir jedes Jahr bei Fichte Bielefeld, das Derby ist Tradition. Zum VfL Theesen haben wir einen sehr guten Kontakt und die Damen spielen jetzt in Quelle, weil wir schon immer einen guten Draht zu Quelle hatten. Zur Einweihung des Kunstrasenplatzes werden wir dort spielen. Wir suchen schon immer den Kontakt zur Basis. Ich glaube, dass wir da gut aufgestellt sind und dass das nicht bei allen Profivereinen so gelebt wird, wie wir das hier tun. Meiner Auffassung nach sind wir schon ein ganz geerdeter Verein, der da an die Basis herantritt.
Sie haben gerade die Fans angesprochen. Was bekommen Sie als Geschäftsführer von den Arminiafans mit, wo haben Sie Kontakt zu ihnen?
Das übliche Medium kennen wir ja alle, das ist fb. Aber es würde keinen Sinn machen, dass ich mich da anmelde. Das werde ich nicht tun. Es ist zudem so, dass ich ab und an E-Mails oder Briefe erhalte, in der Stadt angesprochen werde oder im Stadion. Ich glaube, dass ich das Feedback der Fans, wie deren Stimmungslage ist, wie sie die Situationen sehen, schon ganz gut einschätzen kann. Ich gebe zu, dass ich mir die Kommentare auf Facebook angucke. Es ist schon ein gutes Tool dafür, ein paar Tendenzen herauszuhören. Auch wenn es teilweise extrem ist. Wenn man es für sich gut filtert, dann kann man es gut nutzen.
Gerrit Meinkes Arbeit auf der Pressetribüne
Nun von Ihrem Hauptberuf zum Nebenjob „Einflüstern fürs Fernsehen“. Wie bekommen Sie das unter einen Hut? Ist das gut zu managen oder wie kann man sich das ganze vorstellen?
Ja, das ist gutes Zeitmanagement (lacht). Grundsätzlich nehme ich mir für diese Aktionen Urlaub. Wenn z. B. am Abend ein Spiel in Dortmund ist, das übertragen wird, dann gehe ich um 16 Uhr los. Aber grundsätzlich nehme ich für Turniere – wie in diesem Jahr in Frankreich – meinen Jahresurlaub. Von daher geht da schon eine Menge Urlaub drauf. Das ist manchmal schwer, das meiner Frau zu vermitteln. Aber sie weiß, wie gerne ich das mache. In der Regel findet so ein großes Turnier auch „nur“ alle zwei Jahre statt. Wobei nächstes Jahr ein Confed-Cup mit deutscher Beteiligung ansteht. Da bin ich nah dran, abzusagen. Drei Jahre hintereinander, das wäre mir zu viel. Das kann ich meiner Frau nicht mehr antun. Aber grundsätzlich ist ein gutes Zeitmanagement wichtig. Ich weiß immer relativ früh, ca. acht Wochen vorher, wann ich mit Tom Bartels eingeteilt bin und dann lässt sich das ganz gut planen. So viel Zeit geht da nicht drauf. Wenn ich bei einem Spiel in München bin, bin ich insgesamt nur einen halben Tag weg. Ich fliege um 14 Uhr los, lande um 15 Uhr, am Abend ist das Spiel und am nächsten Morgen sitze ich wieder um 10 Uhr im Büro.
Ist das für Sie Stress?
Für mich ist das ein super Ausgleich. Das ist wirklich so. Dass eine gewisse Anspannung da ist, ist völlig normal. Ein Spiel, das ich mit Tom Bartels anschaue, kann ich neutral betrachten. Da kann ich völlig relaxed im Stadion sitzen, wer gewinnt ist mir im Grunde genommen gleich. Der bessere soll gewinnen, sag ich mal, und wir sind die Hobby-Analysten.
Was reizt Sie an Ihrer Arbeit auf der Pressetribüne?
Das schöne ist, dass ich in der Branche bleibe. Ich erweitere dadurch mein Netzwerk. Man lernt neue Leute kennen, die im Fußball arbeiten, aber vielleicht „auf der anderen Seite“, weil sie z. B. im Journalismus tätig sind. Darüber hinaus ist es angenehm, ein Spiel ohne irgendwelchen Druck anzuschauen. Ich kann mich wirklich darauf konzentrieren, wie das Spiel läuft, kann auf Dinge wie die Taktik achten. Es ist natürlich auch schön, einen der besten Kommentatoren Deutschlands unterstützen zu dürfen.
Gerrit Meinke (li.) arbeitete auch während der EM 2016 als „Einflüsterer“ mit TV-Kommentator Tom Bartels zusammen. Foto: Meinke
Wie kann man sich Ihre Arbeit für das Fernsehen vorstellen? Ist das viel Vorbereitung, müssen Sie viel mitschreiben oder wie läuft das ab? Worauf achten Sie am genauesten?
Als ich noch nicht Geschäftsführer bei Arminia war und ein bisschen mehr Zeit hatte, habe ich mit Tom Bartels eine Art Vereinbarung getroffen. Es gibt in der Regel vor jedem Spiel 80 bis 100 Seiten von einem Unternehmen, das Fußballdaten generiert. Ich habe diese immer alle brav durchgelesen und wusste irgendwann, dass ich von den vielen Informationen höchstens zehn Prozent verwenden könnte. Die 10 Prozent schreibe ich mir heraus und kann den Stapel weglegen. Tom war derselben Auffassung. Ich habe irgendwann gesagt: „Ich kann mir das nicht mehr komplett durchlesen“. Er antwortete nur: „Musst du auch nicht. Ist gut“.
Wir sitzen vor den Spielen immer zusammen, um uns abzusprechen. Tom sagte: „Du hast Ahnung von Fußball, mehr brauche ich von dir nicht. Ich weiß, dass ich mich auf deine fachliche Expertise verlassen kann. Du musst mich nicht mit Statistiken zuballern“. Zwischendurch sagt er schon: „Schreib dir mal noch zusätzlich diese Chance gerade auf“. Klar. Natürlich bin ich auch der Schreiber und sage bei Toren z. B. „in der 33. Müller, in der 37. Lewandowski und 58. Thiago“. Was ich damit meine: Der Job beginnt mit dem Anpfiff. Ich soll einfach gucken, wie das Spiel läuft, und aufpassen, ob er mit seiner Bewertung richtig liegt. Das Schöne ist, dass wir uns seit fast 40 Jahren kennen. Wir sind schon zusammen in den Kindergarten gegangen und verstehen uns wirklich blind. Und das ist – gerade, wenn man auf diese Art und Weise zusammenarbeitet – total wertvoll. Dann weiß man, wie der andere tickt.
Vielleicht eine kleine Anekdote zwischendurch: WM 2010, letztes Vorrundenspiel, Deutschland gegen Ghana. Da sitzt du im Soccer City Stadium, 80.000 Zuschauer, die Pressetribüne ist direkt unterm Dach. Dort wurde es schon relativ schwer, die Spieler zu identifizieren und dann: Deutschland – Ghana. Weltklasse. Ich hatte Gott sei Dank immer noch diesen Monitor. Zum Glück konnte ich auf‘s Spielfeld gucken. Tom konnte das nicht. Klar, er musste auf den Monitor blicken. Er musste schließlich das kommentieren, was der Zuschauer sah. Wir kamen also auf die Pressetribüne, weit oben, und ich habe gesagt, ich könne die Deutschlandspieler kaum auseinanderhalten, ich könne die Nummern kaum erkennen. Da dachte ich mir: „Gut, oben hab ich ja einen schönen Monitor“. Dann stand oben so ein kleiner Bildschirm. In schwarz-weiß! Kurz vor Schluss schoss Özil das 1:0, Tom sagte: „1:0“, guckte mich an, und ich flüsterte „Özil, Öööööööziiiiiiiiiiiiiiil!“ (lacht). So ging das. Noch ein kleines Anhängsel hintendran: Das Spiel war vorbei, wir sind in die Innenstadt von Johannisburg gefahren. Zwei Stunden später stand das nächste Spiel an. Wir haben dort eine Sportsbar gefunden. Überall hingen diese typisch südafrikanischen Screens, wohinter die Fans saßen, darunter auch deutsche. Das nächste Spiel kam und ein Fan fragte: „Wieso sieht der Kommentator das nicht???“ und ich dachte mir nur: „Hey, hast du eine Ahnung…!“ (schüttelt den Kopf und lacht). Manchmal ist es schon echt schwer, die Spieler zu erkennen. Bevor du da etwas Falsches sagst, sagst du lieber gar nichts.
Jetzt zu Ihrer Vergangenheit als Ex-Profi. Haben Sie damals schon ein bisschen in die Richtung geschielt, nach Ihrer aktiven Karriere bei einem Club zu arbeiten?
Nein, gar nicht. Ich habe nie eine Karriere als Fußballfunktionär geplant. Das hat sich alles irgendwie entwickelt. Selbst als ich Profi geworden bin, wusste ich, ich muss nach meiner Profikarriere irgendetwas machen, weil ich nicht so viel Geld haben würde, dass ich komplett davon leben könnte. Das war mir klar. Deswegen habe ich Betriebswirtschaft studiert. Als ich das Studium – noch während meiner Fußballerlaufbahn – fertig hatte, war ich sehr froh und habe versucht, während dessen schon den Berufseinstieg zu finden. Weil man natürlich als Fußballprofi Kontakte hat ergab es sich für mich, dass der SC Paderborn meine letzte Station wurde und ich zugleich bei Finke (Möbelgeschäft in Paderborn; Anm. von LS) anfangen konnte zu arbeiten. Als ich mit dem Fußball aufgehört habe, habe ich nur noch für Finke gearbeitet. Als der SCP 2005 in die zweite Liga aufgestiegen ist, kam der Verein auf mich, weil er auf Grund der DFL-Regularien einen hauptberuflichen Finanzverantwortlichen brauchte. Aber irgendwie war mir das zu unsicher, weil ich dachte, dass der Verein wieder absteigen könnte. Deshalb sagte ich: „Ich mach das erstmal für ein Jahr“. Dann haben sie’s geschafft, relativ souverän, und ich entschied mich noch ein zweites Jahr zu bleiben, meinte: „Wenn das nicht klappt, dann möchte ich aber wieder zu Finke zurück“. Und im dritten Jahr hat Finke gesagt, ich könne bei ihm bleiben und so bin ich da ein Stück weit meinen Weg gegangen.
Irgendwann kam der Anruf von Marcus Uhlig, der nach einem Geschäftsführer für die Stadiongesellschaft suchte. Also: Geplant war’s nie, aber ich bin glücklich. Parallel kam Tom Bartels 2004 auf mich zu. Das erste Spiel, das wir zusammen gemacht haben, war – wie es der Zufall so will, hier: Bielefeld gegen Bremen. Wahnsinn, echt (strahlt)! Das war damals noch für Premiere. Noch zu Paderborner Zeiten hatte ich gesagt: „Ich möchte keinen Beruf mehr ausüben, der nichts mit Fußball zu tun hat. Jetzt will ich auch in der Fußballbranche bleiben“. Selbst wenn mit Fußball nichts mehr wäre, schließt das nicht aus, dass ich wieder in meinen alten Job als Controller, in den Finanzbereich, gehen könnte. Aber nun will ich eigentlich schon bis zur Rente Fußball machen. Weil ich das cool finde und so schön und weil es mir so viel Spaß macht.
Sehen Sie das Spiel an sich durch Ihren Nebenjob schematischer als vorher?
Ich glaube, dass es mir nicht schwerfällt, den Fußball weiterhin nicht zu analytisch zu betrachten. Weil ich dieses natürliche am Fußball, weil ich gerade das so liebe. Die Spiele sind einfach geil, weil man nicht weiß, wie sie ausgehen. Selbst, wenn Bayern gegen Darmstadt spielt, kann mal einer ausrutschen und Manuel Neuer bekommt einen rein. Das kann natürlich trotzdem passieren.
Wir haben auch viele Länderspiele übertragen. Da bin ich nicht mehr neutral. Wenn wir jetzt ein Pokalspiel zwischen Bayern und Augsburg besuchen, habe ich keine Emotionen. Wenn wir mit Arminia einen Tag vorher gegen Dresden spielen, schon. Bitte nicht falsch verstehen: Ich finde es super, wenn ich in München ein Pokalspiel sehen darf, Bayern gegen Augsburg, 70.000 Zuschauer. Ich finde die Atmosphäre toll, das macht mir Spaß. Das ist für mich immer ein Stück weit Abwechslung und auch Erholung. Deswegen mache ich das total gerne.
Ich würde schon sagen das in Dortmund. Das ist schon überragend. Es ist so wie hier, man ist einfach sehr nah am Spielfeld. Jetzt ist das noch dreimal größer als hier, das lieb ich – auch diese alten englischen Stadien wie Highbury, Arsenal. Es liegt mitten im Wohngebiet, wie die SchücoArena, und die Stadionuhr dort finde ich cool. Da bin ich ein Stück weit Fußballromantiker, das gebe ich zu. Ich habe einige Welt- und Europameisterschaften mitgemacht. Was mich da mittlerweile nervt ist, dass gefühlt jedes Stadion gleich aussieht. Ehrlich. Auch bitte nicht falsch verstehen – es ist immer ein Highlight. Aber wenn ich schon sehe: Es ist überall gleich gebranded, das ist überall gleich. Ab und an gibt es Abweichungen, aber manchmal denkst du, das sind alles solche „Plastikpaläste“. Ich kann das verstehen. Rein wirtschaftlich müssten wir eigentlich auch so einen Palast an der A33 haben, nicht hier. Rein wirtschaftlich betrachtet. Aber das Stadion hat so viel Charme. Das kommt daher, dass es so ist, wie es ist und weil es im Wohngebiet liegt.
Wie haben Sie die Stimmung in den englischen Stadien erlebt?
Ich habe im Fußball schon wirklich viele und wichtige Spiele gesehen, aber ich habe noch nie so ein lautes Stadion erlebt wie in Chelsea, Stamford Bridge. Das war beim Champions League-Viertelfinale, Rückspiel gegen Barcelona. Ich habe meine Kopfhörer abgenommen, weil ich es nochmal im Original hören wollte. Ich habe gesagt: „Das gibt’s nicht, das ist so laut! Krass, heftig, Wahnsinn – einfach cool!“.
Von Chelsea back to Arminia. Was zeichnet den DSC Ihres Erachtens aus? Inwieweit trifft „Stur, hartnäckig, kämpferisch“ auf den Club zu?
Dieses Leitmotto finde ich besonders wichtig. Es hat aus meiner Sicht ein Alleinstellungsmerkmal. Ich wüsste keinen Verein oder ich könnte mir keinen anderen Verein vorstellen, der sich zumindest das Wort „stur“ auf die Fahnen schreibt. Das schöne ist, dass man sich damit ganz klar abgrenzen kann. Und natürlich sehen wir das positiv besetzt. Aber „stur“ hat eben auch damit etwas zu tun, dass wir stur daran festhalten – und dies hängt stark mit der Historie zusammen – dass wir an uns glauben. Wir fallen zwar immer wieder hin, aber wir stehen auch immer wieder auf. Dasselbe wie für „stur“ gilt für „hartnäckig“ und „kämpferisch“.
Wir sind Wanderer zwischen den Welten. Was wir hier schreiben, ist großes Theater: Entweder himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Das zieht sich hier wie ein roter Faden durch und ich denke nicht, dass sich das ändern wird. Man wünscht sich manchmal weniger Herzinfarktrisiko, keine Frage. Aber am Ende des Tages bietet Arminia Bielefeld – zumindest hat es das bisher immer geboten – das, was der Fan letztendlich will. Ohne, dass es vielleicht Arminia Bielefeld immer wollte. Aber letztendlich war es so. Das ist einfach das, was den Verein ausmacht und ich glaube, dass diese drei Wörter das einfach exakt treffen und uns von allen anderen Vereinen abgrenzen.
Zukunftswünsche für den DSC
Wenn Sie in die Zukunft blicken: Was wird sich in fünf oder zehn Jahren bei Arminia verändert haben?
Was ich glaube, dass sich bei Arminia verändert haben wird oder wie ich es mir wünsche?
Sie können das auch gern differenzieren…
Das allererste, was ich mir für die Zukunft in fünf oder zehn Jahren wünsche ist, dass wir wirtschaftlich viel besser da stehen. Damit steht oder fällt letztendlich alles. Im Moment haben wir diese hohen Verbindlichkeiten und die schweben immer wie so ein Damoklesschwert über uns. Eigentlich beeinflussen sie jede Entscheidung. Man wünscht sich als Geschäftsführer, dass man Entscheidungen völlig frei davon fällen könnte. Wenn ich mir etwas für 2021 oder 2026 wünsche, dann ist es, schuldenfrei zu sein. Oder zumindest wirtschaftlich solide aufgestellt und damit zukunftsfähig zu sein. Damit einhergehend natürlich eine gewisse sportliche Stabilität im Profifußball, was für mich gar nicht unbedingt mit der ersten Liga gleichgesetzt werden muss. Aber, was wir uns auf die Fahnen geschrieben haben: Unter den ersten 25 zu sein. Selbst, wenn wir in zehn Jahren sagen würden, wir hätten zwei Jahre Bundesliga und acht Jahre zweite Liga gespielt. Dann würde ich meinen, dass das auch eine Entwicklung wäre. Ein stabiler Zweitligist wäre für mich vollkommen in Ordnung.
Was mir sehr am Herzen liegt, ist, dass wir unseren gesamten Jugendmannschaften – von der U10 bis zur U23 – eine vernünftige, angemessene Heimstadt mit ausreichend Trainingsplätzen und Umkleidekabinen bieten können. Sodass man feststellen kann: Das ist neben dem Stadion das Herz von Arminia Bielefeld. Dort halten sich alle auf, dort wird trainiert und dort können idealerweise unsere Jugendspieler bei den Profis zuschauen. Meine Idealvorstellung ist, dass jeder Nachwuchsspieler an der Abteilung der Profis vorbeigeht und sagt: „Da will ich auch mal rein“. Das ist Motivation. Das hieße dann: „Da dürft ihr erst rein, wenn ihr’s geschafft habt“. Das fände ich klasse: Wenn man ein Areal hätte, mit acht Plätzen und schöne Funktionsgebäude mit Kabinen. Das wäre super. Wenn man diese Bedingungen hätte, da könnte man richtig was aufbauen.
Wie eng arbeiten Sie mit der Nachwuchsabteilung zusammen?
Ich habe mit der Leitung wöchentliche jour fixes, wo wir uns regelmäßig austauschen. Samir Arabi ist immer dabei. Ich würde mir noch gerne mehr Spiele von der U23, U19, U17 ansehen, aber alles kann man einfach nicht. Zwischendurch hat man auch noch ein Privatleben. Diese Saison hatte ich vor, mir mehr Spiele anzuschauen. Bisher hat es leider noch nicht funktioniert. Insgesamt finde ich, dass wir auf einem guten Weg sind. Aber gut, das Thema Finanzen ist schwer. Es ist ein echter Klotz am Bein und wir müssen nicht blauäugig sein: Das lässt sich in den nächsten fünf Jahren nicht lösen. Da brauchen wir viel Geduld und Durchhaltevermögen, einfach einen langen Atem. Aber den haben wir.
Wie viele Stunden Arbeitszeit für den DSC kommen bei Ihnen in etwa pro Woche zusammen?
Ich glaube im Schnitt sechzig Stunden, wenn ich alles dazu nehme. Aber das ist das Maximum. Ich lerne immer sehr viel von unserem Aufsichtsratsvorsitzenden Hartmut Ostrowski, der sehr viel Erfahrung im Managementbereich hat und dann noch bei Bertelsmann. Er sagt immer: „Herr Meinke, kein Mensch kann mehr als zehn Stunden am Tag konzentriert arbeiten. Kann kein Mensch. Geht nicht. Aber arbeiten Sie lieber konzentriert neun Stunden am Tag und machen dann Feierabend. Das ist echt besser. Und gehen Sie dann auf den Golfplatz“. Ich antworte darauf: „Ja, da muss ich erstmal anfangen mit Golf spielen“. Dafür habe ich jetzt wirklich nicht die Zeit. Nein, Golf spiele ich nicht (lacht).
Wer sind Ihres Erachtens die wichtigsten Menschen, die an den Spieltagen hier arbeiten?
Der wichtigste ist der Veranstaltungsleiter, weil er den Hut aufhat. Wenn hier irgendetwas passiert oder es echt einen Spielabbruch geben müsste, bin ich raus aus der Nummer. Da habe ich gar nichts zu sagen. Das entscheidet er. Er ist am Spieltag der wichtigste Mann. Wir wissen alle um die Wichtigkeit des Themas Sicherheit. Unser Sicherheitsbeauftragter, André Windmann, ist bedeutend, keine Frage. Das ist natürlich immer ein superwichtiges Thema: die Sicherheit. Ich habe jetzt als Geschäftsführer noch einmal mehr gemerkt, wie viel da dahintersteckt, auch die Kooperationen mit den Behörden. Was wir hier an Polizei haben, Feuerwehr, den Sanitätsdienst – auch die Verkehrswegeführung um das Stadion – was hier jedes Mal drum herum passiert, das ist der Wahnsinn, das ist wirklich unglaublich. Letzten Endes sind aber die Spieler die wichtigsten im Stadion. Was ich damit sagen will ist, dass für einen Geschäftsführer – die Erfahrung habe ich gemacht – neben dem Ergebnis, was natürlich immer wichtig ist, das Wichtigste ist, dass nichts passiert ist. Dass alles vernünftig seinen Gang gegangen ist. Dass es zu keinen Komplikationen, Verletzungen, geschweige denn zu irgendwelchen Unfällen gekommen ist.
Das hatte ich vorher nie so auf der Kappe, muss ich ehrlich gestehen. Wir unterliegen der Veranstaltungsordnung. Da sind ja etliche Richtlinien und Regularien einzuhalten und mit diesen muss man sich letztendlich befassen. Dabei erkennt man die Wichtigkeit der Menschen, die da dahinterstehen. Das bekommen die Stadionbesucher/-innen in der Regel nicht mit. Der kriegt es nur mit, wenn es nicht läuft. Alle Menschen, die dafür sorgen, dass ein Spieltag reibungslos über die Bühne geht, sind von großer Bedeutung. Das machen meine Mitarbeiter hier sehr gut, sie haben einen super Draht zu den Behörden. Auch als Geschäftsführer muss man Präsenz zeigen. Und wenn man einfach nur dabei ist. Wie gesagt: Keiner wird als Geschäftsführer geboren. Ich habe das am Anfang unterschätzt, man muss bei einigen Terminen einfach nur dabei sein. Ich finde mich selbst gar nicht so wichtig. Das war ein Lernprozess für mich.
Was bekommen Sie von den Bielefelder Ultras mit?
Ich gestehe gerne, dass ich von ihnen eigentlich nichts direkt mitkriege. Aber ich tausche mich regelmäßig mit unserem Fanbeauftragten Thomas Brinkmeier aus, der da einen guten Draht hat. Sie mögen auch andere Auffassungen in Bezug auf Fußball haben als ich. Ich hätte bei einem Spiel wie gegen RB Leipzig kein solches Plakat gemacht. Aber gut. Das ist eine andere Geschichte. Das, was sie für Arminia machen, ist überragend. Ich habe mich oft in der Fandiskussion gefragt: „Was ist eigentlich, wenn wir die auf der Süd nicht haben?“. Dann haben wir hier tote Hose. Das gilt nicht nur für uns. Ich glaube einfach, dass die Menschen wegen dieser Stimmung ins Stadion gehen. Das Stadionerlebnis, die Atmosphäre, das schaffen nur Ultras & Co.! Mal abgesehen von dem, was sie hier an Choreos gebracht haben. Das ist einfach überragend. Und wie sie sich in ihrer Freizeit engagieren, wie viel Zeit sie in Choreographien investieren und mit welcher Akribie sie da dran sind, das ist schon bemerkenswert. Absolut. Da kann man nur den Hut vor ziehen.
Gerrit Meinkes prägendstes DSC-Erlebnis
Gibt’s noch irgendetwas, das Sie loswerden möchten? Vielleicht eine weitere Anekdote?
Eine meiner ersten Erfahrungen mit Arminia, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich bin ja in Melle groß geworden. Melle ist noch in Niedersachsen und hat eigentlich eine größere Affinität zur Stadt Osnabrück und deshalb zum VfL. Als ich so Zehn, Zwölf, Vierzehn war, bin ich immer nach Osnabrück gegangen. Irgendwann, als ich Fünfzehn, Sechzehn war, ist Arminia in die erste Liga aufgestiegen und dann fand ich das natürlich viel cooler. Ich hatte aber kein Auto. Dann musste uns immer irgendein Vater am Wochenende hier herbringen und dann auch wieder abholen. Vollkommen irre, nicht wahr? Der hat uns abgesetzt, ist nach Hause gefahren und ich glaube, als er zu Hause war, konnte er gleich wieder losfahren, aber egal (lacht). Wie dem auch sei. Einmal sind wir– mein Vater mit uns vier Jugendlichen – über Borgholzhausen gefahren, an einem Hotel vorbei. Davor stand der Arminiabus: „Hey, da müssen wir stehen bleiben, da müssen wir rein, da sind die Spieler!“. Wir sind hineingegangen und haben sie beim Mittag essen gesehen. Mein Vater ist immer relativ pragmatisch. Er traf damals den damaligen Präsidenten Dr. Jörg auf der Heide und sprach ihn an: „Herr auf der Heide, ich bin jetzt auf dem Weg nach Bielefeld, aber die Jungs können ja auch hier im Bus mitfahren. Also, das ist ja viel einfacher?!“. Der Präsident antwortete: „Nee, das geht ja nicht, die Spieler müssen unter sich sein“. „Aber“, sagte er, „die Jungs, die können mit mir mitfahren. Ich bin mit meinem Privatauto da“. Dann sind wir ins Auto eingestiegen und mit dem Präsidenten von Arminia direkt hier vorgefahren. Das war total super. Das war mein prägendstes Erlebnis mit Arminia. Genau. Und da hab ich gesagt: „Boah, ein Verein mit so einem Präsidenten – das ist ja geil!“. Und dann bin ich nicht mehr nach Osnabrück gegangen, sondern nur noch nach Bielefeld (lacht).
Vielen Dank für Ihre detaillierten Antworten und die tollen Anekdoten, Herr Meinke.
Armin Wolf moderierte den MZ-Einsteigertriathlon 2016 in Regensburg. Foto: Schatz
Darf ich vorstellen? Armin Wolf, 55 Jahre, Sportreporter mit Leib und Seele. Deshalb auch bekannt als „die Sportstimme Ostbayerns“. Er kommentiert, moderiert und organisiert die unterschiedlichsten Sportveranstaltungen. Hauptsächlich kennen ihn die Hörerinnen und Hörer durch seine Eishockey-, Fußball- und Judo-Liveübertragungen. Da Armin Wolf sehr vielseitig im Einsatz ist, hatte er im Interview viel zu erzählen und gibt dadurch einen umfassenden Einblick in seine Arbeits- und Sportwelt. Noch vor seinem Start beim Regensburger Leukämielauf am Sonntag erklärt er hier, wie er zum Radio gekommen ist, was ihn dazu bewogen hat, Anfang August 3,8 km zu schwimmen und welche sozialen Projekte er gemeinsam mit seinem Laufteam unterstützt…
Herr Wolf, bitte erzählen Sie zunächst mal, wie Ihre Sportbegeisterung allgemein entstanden ist.
Ich war schon als kleines Kind total von Sport fasziniert. Mein Vater hat mich im Alter von fünf Jahren zu einem Auswärtsspiel des SSV Jahn Regensburg in Weiden mitgenommen. Das waren damals absolut zugkräftige Spiele, 14.000 bis 15.000 Zuschauer waren keine Seltenheit. Wir haben das Spiel 3:0 gewonnen. Alle Regensburger haben gesungen: „Hihaho, Weiden ist k.o.“. Bei uns zu Hause wurde immer über Fußball, über Sport gesprochen. Wir haben alle vier Jahre zu den Olympischen Spielen einen neuen Fernseher bekommen. Mit Zehn bin ich erstmals zu einem Eishockeyspiel gegangen: EV Regensburg gegen Fürstenfeldbruck. Seit diesem Zeitpunkt bin ich vom Eishockeyvirus infiziert. Schon mit elf, zwölf Jahren war ich alleine bei Auswärtsspielen dabei und bin nach Essen gefahren. Das galt damals als ungewöhnlich. Dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar, weil sich sonst nicht alles so entwickelt hätte.
Was genau hat Sie am Eishockey so stark begeistert?
Die Schnelligkeit, die Stimmung im alten Eisstadion an der Nibelungenbrücke. Als ich zehn, elf Jahre alt war und die Leute ihre Sterndlwerfer (Wunderkerzen) ausgepackt haben und alles in einen Lichterglanz gehüllt war – das war einfach toll!
Wie Armin Wolf zum Radio kam
Wie ist es dann dazu gekommen, dass Sie Sportreporter geworden sind? Sie haben ja auf Lehramt studiert…
Genau. Schon am Ende meiner Schulzeit habe ich für die Mittelbayerische Zeitung gearbeitet und Spielberichte über die unteren Klassen geschrieben. Damals lief das Ganze noch über ein Telefon in der Sportgaststätte (lacht). Ich saß im Büro im Verlagsgebäude und habe von dort aus in der Sportgaststätte angerufen. Mir wurde dann z. B. gesagt, dass 150 Zuschauer beim Spiel zwischen Barbing und Illkofen seien, der Huber und der Meier das 1:0 und 2:0 geschossen hätten und Barbing überlegen sei. So habe ich für zwei Klassen die Berichte geschrieben – mit der Schreibmaschine (lacht erneut). Diese wurden nochmal gegengelesen, ehe sie veröffentlicht wurden. Damals war ich zwischen 18 und 22 Jahre alt. Als die Lokalradios entstanden sind, habe ich den TV Hemau trainiert. Bei Radio Donauspatz wurden damals eine Woche lang Ortschaften vorgestellt und an den Samstagen wurde in der Sportsendung über den Sport in diesen Ortschaften gesprochen. Als Trainer war ich an einem Samstag Studiogast und am Sonntagmorgen rief mich der damalige Chef Eberhard Rosenhauer an und meinte: „Du konntest so gut reden, wir brauchen dringend freie Mitarbeiter“.
Welche waren Ihre ersten Aufgaben?
Mein erster Auftrag war – ich hatte mir ein altertümliches Aufnahmegerät mit Kassette abgeholt – nach Schwandorf zu fahren und dort Dettmar Cramer zu interviewen. Das muss man sich so vorstellen, als würden Pep Guardiola oder Jupp Heynckes nach Schwandorf kommen. Ich erklärte ihm gleich: „Herr Cramer, ich sag‘ es Ihnen ganz ehrlich: Ich bin total aufgeregt, ich habe schweißnasse Hände. Das ist mein erstes Interview“. Er antwortete daraufhin: „Machen Sie sich keine Sorgen, wir bekommen das hin. Sie müssen nur schauen, dass das Gerät läuft, denn das kann ich nicht“. Immer, wenn ich ihn später im Fernsehen gesehen habe, musste ich an dieses Interview denken. Eine Woche später wurde mir beim Radio erzählt, dass ein Anschluss ins Jahnstadion gelegt worden sei. Mir wurde das Telefon in die Hand gedrückt und gesagt, dass ich mich zehnmal melden solle. Also von wegen Rhetorikkurs, Sprachkurs, Ablauf… Es hieß einfach nur: „Mach das so wie die Reporter bei Bayern 1“. So ging’s los.
Welche Eigenschaften finden Sie in Ihrem Beruf am Wichtigsten, was sollte man draufhaben?
Als Sportreporter/-in braucht man natürlich eine große Liebe zum Beruf, weil die Arbeitszeiten grausam sind. Da braucht man ein verständnisvolles Umfeld, eine verständnisvolle Familie und vor allem eine/-n verständnisvolle/-n Partner/-in. Damals wie heute, finde ich, sind Ehrlichkeit und Respekt wichtig. Mit dem Respekt ist es vielleicht ein bisschen abwärts gegangen, auch bei den Sportlern. Das merke ich oft. Allerdings – das mag jetzt kurios klingen – je älter ich werde, umso mehr geht es damit wieder aufwärts. Ich werde jetzt eher als ein älterer Herr betrachtet, der das alles schon viel länger macht, als sie überhaupt auf der Welt sind. Ich habe das kürzlich im Interview mit Marvin Knoll (Spieler des SSV Jahn Regensburg; Anm. von Lisa Schatz) gemerkt. Als ich ihm gesagt habe, dass ich schon seit 29 Jahren für das Radio arbeite, hat er mich mit großen Augen angeschaut. Aber insgesamt ist es seit zehn, zwölf Jahren – vor allem bei den Fußballprofis – nicht mehr so wie früher.
Ein/-e gute/-r Radioreporter/-in schafft es, „jemandem, der mit einer Erkältung in der Badewanne sitzt, das Gefühl zu geben, er sei live in der Donau-Arena“
Zudem sollte man über einen großen Sprachschatz verfügen. Ich bin heute noch dankbar für mein Studium und die vielen Bücher, die ich gelesen habe. Man braucht natürlich Fachwissen, das ist ganz klar. Man braucht das Talent, dass man jemanden, der am Freitag um 20:45 Uhr in der Badewanne sitzt, das Gefühl vermittelt, dass er eigentlich live in der Donau-Arena dabei ist. Eigentlich sitzt er auf seinem Platz, auf dem er nicht ist, weil er mit einer dicken Erkältung daheim liegt.
Und als Lokalreporter/-in braucht man – sei es Fernsehen oder Radio – die nötige Begeisterungsfähigkeit und den Enthusiasmus, den man jetzt nicht zeigen kann, wenn man für das ZDF arbeitet und der FC Bayern gegen Borussia Dortmund spielt. Aber wenn der EVR gegen Weiden spielt und ich für Charivari arbeite, dann darf ich einfach jubeln, wenn der EVR ein Tor schießt und darf weinen, wenn Weiden trifft.
Armin Wolf als Sportler
Dann kommen wir zu Ihnen als Sportler. 2015 sind Sie erstmals beim Berlin Marathon gestartet, in diesem Jahr waren Sie erneut dabei. Inwieweit hatten Sie vorher schon Lauferfahrung?
Den ersten Marathon bin ich vor 21 Jahren in Regensburg gelaufen. Zwei Jahre später war ich beim Charivari-Schlauch-Marathon dabei. Danach bin ich in Regensburg noch einige Halbmarathons gelaufen. Nachdem ich 2000 den Hitzemarathon ins Ziel geschafft habe – mehr tot als lebendig – bin ich nicht mehr gestartet, bis es 2015 in Berlin wieder an den Start ging.
Wieso wollten Sie im vergangenen Jahr ausgerechnet in Berlin laufen? Was hatte Sie dazu motiviert und wie sind Sie an das ganze herangegangen?
Ein ganz enger Freund von mir hatte mir völlig unvermittelt eine SMS geschickt: Er überlege, am Berlin Marathon teilzunehmen, da er den zehn Jahre zuvor schon einmal gelaufen sei. Daraufhin habe ich mit meiner Frau gesprochen und wir haben beschlossen, dass ich mitlaufe. Ich habe meine Kontakte spielen lassen und zunächst bei Herrn Dr. Frank Möckel im Rückenzentrum eine Leistungsdiagnostik gemacht. Daneben habe ich mir von Ernährungsexperte Sebastian Koschel Trainingstipps geholt.
Was war das Wichtigste? Wie lief die Koordination von Trainingsplan und Ihren vielen Terminen als Sportreporter?
Das war das Schwierigste. Ich konnte keinen Trainingsplan einhalten – weder den von Herrn Dr. Frank Möckel noch den von Sebastian Koschel. Das war unmöglich. Als ich den ersten richtigen Härtetest gemacht habe, dachte ich: „Das schaff‘ ich nie. Das schaff‘ ich nie, nein“. Nach sechzehn Kilometern bin ich das erste Mal stehen geblieben und dachte mir: „Armin, jetzt musst du Gas geben, sonst schaffst du das nicht!“.
Dann habe ich mich in kürzester Zeit mit schnellen und langen Läufen fit gemacht. Die weiteste Strecke, die ich dann irgendwann am Stück zurückgelegt hatte, war aber nur 29,30 Kilometer lang. Das war nicht die optimale Vorbereitung. Aber was mir geholfen hat: Ich war eine Woche vor dem Marathon beim mehrfachen Ironman-Teilnehmer Ludwig Eglmeier. Er meinte, dass das zu schaffen sei. Ich müsse einfach Disziplin halten, dürfe das Ganze nicht zu schnell angehen und das Wichtigste sei das Essen und Trinken. Er hat mir viele von seinen Gels mitgegeben. Ich habe beim Marathon nach 30 Kilometern erstmals überlegt, ob ich mein Tempo erhöhe. Ich war gut in der Zeit, habe das dann aber nicht gemacht, weil ich nicht völlig entkräftet ins Ziel kommen wollte. Nach 38 Kilometern bin ich zum ersten Mal gegangen. Auch dafür hatte ich einen Schlachtplan: Wie gehe ich, in welchem Rhythmus? Ich bin im Wechsel 28 Schritte gegangen und 28 gelaufen. Meine Gesamtzeit betrug letztendlich 5:17:26 Stunden.
Wie war die Stimmung auf der Strecke?
Sensationell! Nach offiziellen Angaben waren 1,1 Millionen Zuschauer auf der Strecke. Du bist in Berlin keinen Kilometer alleine. Mir war klar, dass ich kämpfen muss, also wusste ich, dass ich mentale Unterstützung brauche. Der Name steht ja auf der Startnummer, weshalb ich diese so platziert habe, dass alle Zuschauer meinen Namen sehen konnten. Sie haben mich dann ohne Ende angefeuert. Die Atmosphäre war grandios. Das einzig negative war, dass ich im Ziel meine Frau zunächst nicht mehr gefunden habe.
Jetzt schwenken wir zum Challenge Regensburg. Sie waren in diesem Jahr als Schwimmer in der Medienstaffel dabei. Wie ist Ihr Team auf die Idee gekommen, teilzunehmen? Wie haben Sie trainiert?
Die Idee kam von mir. Ich dachte, wir könnten als Unterstützung für den Challenge eine Medienstaffel gründen. Deshalb habe ich mit Claus Wotruba von der Mittelbayerischen Zeitung und mit Evi Reiter, die für TVA moderiert, gesprochen. Evi ist eine gute Läuferin, Claus meinte, er könnte nur Rad fahren. Somit ist für mich der Schwimmpart übrig geblieben. Ich habe während meines normalen Schwimmtrainings mit meiner Trainerin geredet. Sie meinte, ich sei verrückt – fügte aber an, dass wir das Training auf weitere Strecken umstellen könnten. Bis dato war die weiteste Strecke, die ich am Stück geschwommen bin, 1,6 Kilometer lang. Da hatte ich immer auf die kleine Distanz für den Triathlon trainiert. Danach bin ich immer um die 2 Kilometer geschwommen. Zwei Wochen vor dem Challenge habe ich im Guggenberger See unter Wettkampfbedingungen trainiert. Kurze Zeit später bin ich beim Triathlon in Regensburg gestartet und habe eine meiner schlechtesten Leistungen abgeliefert. Das war ein absolutes Fiasko und ich wusste, dass bis zum Challenge nur noch eine Woche Zeit ist. Ich habe mich bei 500 Metern in der Donau katastrophal präsentiert. Am Dienstag bin ich 25 Minuten im Guggi geschwommen, um Sicherheit zu bekommen. Am Donnerstag bin ich 1,6 Kilometer geschwommen und habe meine Schwimmtasche stehen lassen. Da war meine Schwimmbrille drin. Somit musste ich am Sonntag beim Challenge mit einer anderen Schwimmbrille ins Wasser gehen. Wir haben diese am Samstagabend 25 Minuten lang umgebaut. Ungewohnt. Dunkler. Drückender. Mit so einem Nasenbügel, welchen ich ja überhaupt nicht mag (verzieht das Gesicht). Somit war der erste Schrecken am Sonntag schon mal: „Wie verkrafte ich die Schwimmbrille?“. Ich hab erstmal den Kopf ins Wasser getaucht und gemerkt, dass das klappt. Im Nachhinein ist meine Tasche wieder aufgetaucht…
Spenden in Höhe von rund 65.000 Euro für soziale Projekte
Im Juni 2016 startete das Armin Wolf Laufteam beim Mühlbauer Lauf in Roding für den guten Zweck. Foto: Tanja Scholz
Jetzt kommen wir auf das „Armin Wolf Laufteam“ zu sprechen. Was ist dessen Hintergrundgedanke und wie setzt sich das Team zusammen?
Beim ersten MZ-Landkreislauf wurde ich als Moderator und Helfer der ersten Stunde verpflichtet und wollte etwas zurückgeben. Meine Frau hatte den Einfall, mit einem eigenen Team anzutreten. Wir haben mit unserem Freund Ludwig Eglmeier von der IRON Trizone gesprochen und er hat das Team zusammengetrommelt. Er führte an, dass Trikots schön wären. Für die Trikots brauchten wir Sponsoren. Wir hatten die Idee, dass wir etwas für den Benefizgedanken der Veranstaltung tun könnten. Das war die Geburt des „Armin Wolf Laufteam“. Damals waren wir zehn Sportler. Bei dieser Veranstaltung haben wir 1.000 Euro gespendet. Alle waren begeistert und haben gefragt: „Warum nur einmal?“. Die Anzahl der Sponsoren wurde größer und sie haben mehrfach angefragt, sodass wir bei mehreren Läufen starten konnten. Wir hatten von Anfang an auch immer einen Fotografen und ein Filmteam dabei. Inzwischen haben wir ein Team von 27 Damen und Herren sowie auch eine Nordic Walking-Sparte. Diese besteht aus einem Mann, Vize-Europameister Wolfgang Scholz. Vor einem Jahr haben wir das „Armin Wolf Laufteam Future“ gegründet, welches aus Kindern besteht, die zwischen zweieinhalb und zwölf Jahre alt sind. Nächstes Jahr würde ich gerne eine Kindertriathlon-Mannschaft gründen. Insgesamt konnten wir inzwischen um die 65.000 Euro an Geld- und Sachspenden zusammenbringen. Das freut mich, weil wir dadurch schon viel bewirken und vielen Menschen helfen konnten. Ein Beispiel ist der Bau eines behindertengerechten Bads.
Armin Wolf (Mi.) und seine Frau Alexandra (1. v. re.) mit den Kindern des „Armin Wolf Laufteam Future“, die die Challenge-SiegerInnen ins Ziel begleiteten. Foto: Schatz
-> COMING SOON… Im zweiten Teil des Interviews (erscheint am 14.10.) erzählt Armin Wolf von seinen beeindruckendsten Momenten als Sportreporter. Außerdem spricht er darüber, wie sich die Zusammenarbeit der Sportvereine mit der Presse verändert hat. Und er erklärt, weshalb er sich so stark im sozialen Bereich engagiert und geht dabei verstärkt auf zwei Aktionen ein… Das Warten lohnt sich!